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Reminiscenzen aus einer reichen kultivierten Dichtersprache und durchdie Seichtigkeit eines guten mechanischen Äußeren geweckt und unter-halten wird" — in dem Gegensatze zu dem Typus Albert Träger oder Felix Dahn .
Den Übergang von der einen zur anderen Gruppe bildetFelix Dörmann (eigentlich Felix Biedermann aus Wien , geb.1870). Die nervöse Aufgeregtheit der Jungwiener wird beiihm, wie in Bahrs Anfängen, durch den Einfluß der franzö-sischen Neuromantiker gesteigert; von Baudelaire vor allen sindseine krankhaft erregten Stimmungsbilder („Neurotica" 1891,„Sensationen" 1892) direkt abhängig. Daneben klingt Heine an,Byron und der Einfluß der Musik, vor allem Beethovens („^6g.Aic>äolsuks"), der auch bei Georg Hirschfeld die bei Walther Sieg-fried noch herrschenden Romantiker, wie Richard Wagner undSchumann, wieder verdrängt hat. Das romanische Muster wirktder modernen Formlosigkeit bei Dörmann entgegen, so daß eraus impressionistischen Farbenflecken sich zu abgerundeten Ge-mälden (besonders in den charakteristischen „Farbenträumen") durch-arbeitet. Vor allem aber werden die Eindrücke selbst bei ihm niein sklavischer Naturnachahmung gegeben, sondern unter dem Hoch-druck einer pathologisch gesteigerten Erregung kondensiert uud dahernicht selten zu beträchtlicher Wirkung gebracht. Aber über den„äeeaclkiit," — den er in der deutschen Lyrik unserer Tage klassischdarstellt — ist er nie hinausgekommen.
Die gleiche Nervosität, das gleiche Schwelgen in Empfindungen,aber mehr in einer neurasthenischen Nuance zeigt ein merkwürdigeskleines Büchlein eines anderen jungivienerischen Lyrikers: LeopoldAndrians „Garten der Erkenntnis" (1895). Denn es ist durch-aus eine lyrische Skizzensammlung, wenn sie auch im Gegensatzezu den eckigen typographischen Figuren der impressionistischen „Ge-dichte in Prosa" als fortlaufende Erzählung auftritt. Eine weiche,auch weichliche Stimmung ist über diese sonderbare Biographie desFürsten , der das Leben erkennen wollte, gebreitet; so recht dieStimmung jener, die nach Ricarda Huchs Wort am „Heimwehnach dem Vaterlande in ihrer eigenen Brust" sterben. Das krank-hafte Reproduzieren ungesunder, verzerrter Hallucinationen, das wirauch bei Mombert und Julius Hart finden, wird hier auf denGipfel getrieben; der Ton ist affektiert, schon das fortwährendeReden von „dem Erwin" statt „Erwin" schlechtweg kann nervös