Druckschrift 
Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
Entstehung
Seite
921
Einzelbild herunterladen
 
  

Die Dilettanten. Dörmann . Andricm.

921

Reminiscenzen aus einer reichen kultivierten Dichtersprache und durchdie Seichtigkeit eines guten mechanischen Äußeren geweckt und unter-halten wird" in dem Gegensatze zu dem Typus Albert Träger oder Felix Dahn .

Den Übergang von der einen zur anderen Gruppe bildetFelix Dörmann (eigentlich Felix Biedermann aus Wien , geb.1870). Die nervöse Aufgeregtheit der Jungwiener wird beiihm, wie in Bahrs Anfängen, durch den Einfluß der franzö-sischen Neuromantiker gesteigert; von Baudelaire vor allen sindseine krankhaft erregten Stimmungsbilder (Neurotica" 1891,Sensationen" 1892) direkt abhängig. Daneben klingt Heine an,Byron und der Einfluß der Musik, vor allem Beethovens (^6g.Aic>äolsuks"), der auch bei Georg Hirschfeld die bei Walther Sieg-fried noch herrschenden Romantiker, wie Richard Wagner undSchumann, wieder verdrängt hat. Das romanische Muster wirktder modernen Formlosigkeit bei Dörmann entgegen, so daß eraus impressionistischen Farbenflecken sich zu abgerundeten Ge-mälden (besonders in den charakteristischenFarbenträumen") durch-arbeitet. Vor allem aber werden die Eindrücke selbst bei ihm niein sklavischer Naturnachahmung gegeben, sondern unter dem Hoch-druck einer pathologisch gesteigerten Erregung kondensiert uud dahernicht selten zu beträchtlicher Wirkung gebracht. Aber über denäeeaclkiit," den er in der deutschen Lyrik unserer Tage klassischdarstellt ist er nie hinausgekommen.

Die gleiche Nervosität, das gleiche Schwelgen in Empfindungen,aber mehr in einer neurasthenischen Nuance zeigt ein merkwürdigeskleines Büchlein eines anderen jungivienerischen Lyrikers: LeopoldAndriansGarten der Erkenntnis" (1895). Denn es ist durch-aus eine lyrische Skizzensammlung, wenn sie auch im Gegensatzezu den eckigen typographischen Figuren der impressionistischenGe-dichte in Prosa" als fortlaufende Erzählung auftritt. Eine weiche,auch weichliche Stimmung ist über diese sonderbare Biographie desFürsten , der das Leben erkennen wollte, gebreitet; so recht dieStimmung jener, die nach Ricarda Huchs Wort amHeimwehnach dem Vaterlande in ihrer eigenen Brust" sterben. Das krank-hafte Reproduzieren ungesunder, verzerrter Hallucinationen, das wirauch bei Mombert und Julius Hart finden, wird hier auf denGipfel getrieben; der Ton ist affektiert, schon das fortwährendeReden vondem Erwin" stattErwin" schlechtweg kann nervös