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Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
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Peter Altenberg .

Blätter für die Kunst"

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nur eben bei Altenberg aus dem Mittel zum Zweck gemacht wurde.Auch der Kreis derBlätter für die Kunst", der diese mannig-fachen Ansätze einer neuen Lyrik zur Vollendung brachte, betont alseinen Hanptunterschied ihrer Kunst von der älterendie Kürze reiuellenmäßig die Kürze". Schon Edgar Allan Poe , der Phan-tastische Amerikaner, den sie zu ihren Ahnen rechnen, erklärte ineinem barocken Anfsatzüber die Philosophie der Komposition" dieFrage der Ausdehnung für die wichtigste und entschied sich dahin,jedes lange Gedicht sei nur eine Folge von kurzen Gedichten. AberZeitmaße sind relativ. Auch das kürzeste Gedicht wird nicht aufeinmal aufgenommen; auch der Eindrnck eines Distichons setzt sichauskürzeren poetischen Wirkungen" zusammen. Darauf kommtes an, all die einzelnen Einwirkungen auf den Leser zu einer starkeneinheitlichen Gesamtwirkung zn ordnen. Freilich liegt stets eineGefahr in der größeren Ausdehnung; und wer, wie die um StefanGeorge , ganz auf ein Ziel gerichtet ist: auf die Reinheit derStimmung, der wird die Vorteile der Kürze sich nicht entgehenlassen dürfen.Wir wollen keine Erfindung von Geschichten", heißtes in dem Programm derBlätter für die Knnst",sondern Wieder-gabe von Stimmungen; keine Betrachtung, sondern Darstellung;keiue Unterhaltung, sondern Eindruck".

Im entschiedensten Gegensatz fühlen sich diese Kunstverehrerzum Naturalismus, sowohl in seiner Anwendung auf den Romanbei den Goncourt und Zola, als in der auf die Lyrik bei unserenImpressionisten.Der Naturalismus hat nur verhäßlicht, wo manfrüher verschönte, aber streng genommen nie die Wirklichkeit wieder-gegeben." Auch ihn also hat eine bestimmte Tendenz gehindert,reine Stimmungen zu erwecken. Aber auch Symbolisten von derArt der englischen Prärafaeliten weisen sie ab. Eine eigene Kunstist es also, die sie erstreben und zuversichtlich erhoffen:In derKunst glauben wir an eine glänzende Wiedergeburt." Gerade darumdürfen sie es glauben, weil sie sich dem Großen und Gesundensowohl im Naturalismus wie im Symbolismus dennoch verwandtfühlen müssen.

Nichts kennzeichnet diese Schule stärker, als jene Energie derKonzentration, die leidenschaftliche Isolierung des erregenden Mo-ments und seiner Wirkung auf die Seele von allein, was es sonstgiebt seien es rein stoffliche, seien es von außen hereingetragenegeistige Elemente.