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Die deutsche Litteratur neunzehnten Jahrhunderts / Richard Moritz Meyer
Entstehung
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935
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Ausblick. 935

Aphorismus ist ein kleines Haus mit weitem Fernblick". Aucher ist ein Aristokrat, der in witzig parodistischen Sätzen diePhilo-sophie des Pöbels" (auch desLehrpöbels") giebt; aber das junkerlicheUmherspritzen mit Paradoxien ist ihm zu Wider:Ernst sein ist alles".

In dieser Gesinnung begegnen sich die Jüngsten mit den mäch-tigen Führern des Volkes. Gegen Ende des Jahrzehnts und desJahrhunderts erschien ein Werk, mit dessen monumentaler Bedeu-tung auch hervorragende Leistungen von rein litterarischer Art schwerzu ringen vermögen. Die Erinnerung an große Thaten überstrahltesast die Schöpfungen der Phantasie; und glänzende Aussprüche, dieals Ergebnis eines langen Lebens voller Kraft und Tapferkeit her-vorsprangen, brachten mächtiger als zusammengetragene Sprüche dieGewalt des Wortes zur Geltung. BismarcksGedanken undErinnerungen " führten den Zug der Heroen, die das neue Reichschufen, noch einmal über die Brücke, die von dem Himmel zur Erdegespannt ist. Und er selbst, ihr Führer, entfaltete hier noch einmalden Glanz seiner siegreichen Rede, seiner glänzenden Charakteristik,seines leidenschaftlich patriotischen Ernstes.

Dieser leidenschaftliche Ernst ist allen Heroen gemein, dieunsere Jugend verehrt: Bismarck, Nietzsche, Menzel, Böcklin , Helm-holtz, Mommsen, und wen wir sonst bewundern. Daß es größereDichter gab, als jetzt leben, daß es größere Zeiten gab, als wirerleben wir wissen es alle. Aber was in unsern Tagensich regt, ist uns frohe Botschaft von großen Dichtern und großenZeiten der Zukunft. Wie in Ulrich v. Huttens Zeit erwachen dieGeister und fühlen, es sei eine Freude zu leben. Aus den ent-gegengesetzten Lagern stellen wir jenen Klagen desRembrandt-deutscheu", die doch um kaum zehn Jahre zurückliegen, zwei Zeug-nisse entgegen. Richard Dehmel schreibt:

Als wenn wir nicht in einer Renaissance lebten, genau so heilig undfurchtbar, so empfindsam und brutal, so todcstoll und lebensträchtig wiedie des Tre- bis Cinquecento mit ihren GenieS: von Dante , Petrarca,Boccaccio bis Ariosto, Tasso, Luther, Shakespeare: von Giotto, Botticelli und van Eyck bis Michelangelo , Rafael, Holbein, Dürer: alle im Wett-kampf, gerade wie bei uns feit Lessing, mit einer Unzahl großer und kleinerTalente, Schulen uud Cliquen!

Und in denBlättern für die Kunst" heißt es in gleich be-geistert freudigem Hervorsprudelu der Gedanken:

Daß ein Strahl von Hellas ans uus fiel, daß unsere Jugend jetzt dasLeben nicht mehr niedrig, sondern glühend anzusehen beginnt: daß sie im