VORSTUFEN DER TYPOGRAPHIE
US dem Jahre 1454 (lammen die früheren, mit Sicherheit datirbaren typogra- phifchen Erzeugniffe, und zwar find es deren nicht weniger als drei, nämlich zwei Arten von Ablaßbriefen und eine kleine, 9 Quartfeiten umfaffende Flug- fchrift „Eyn manüg d’ crißeheit widd’ die durke.“ Daß wenigßens die eine und zwar die ältere Ausgabe der Ablaßbriefe in Mainz gedruckt iß, ergiebt fich daraus, daß alle uns erhaltenen Exemplare derfelben innerhalb der Erz- diöcefe Mainz ausgeftellt worden find. Ebenfo ficher ift aber auch die „Türkenmahnung“ dort gedruckt, denn Formen wie roit, grois, blois, erloist für rot, groß, bloß, erlöß bei fonß oberdeutßhem Dialect weifen fo beßimmt auf Mainz, daß die mehrfach ausgefprochene Vermuthung, es handle fich um ein Bam- berger Druckwerk, keiner weiteren Widerlegung bedarf.
Da Gutenberg zweifellos der erße Mainzer Drucker war, fo können wir die genannten Druckerzeugniffe mit Sicherheit als Werke feiner Preffe bezeichnen. Wir vermögen fogar den Urfprung der Typographie noch über diefe datirbaren Erftlingdrucke zurückzuführen, nämlich bis in den Anfang des Jahres 1450, da damals Gutenberg von dem Mainzer Bürger Fuß zur Errichtung einer Druckerei Geld entlieh. Darüber hinaus laffen fich die Anfänge der Buchdrucker- kunft aber nicht zurückdatiren, obfchon wir andererfeits urkundliche Beweife beßtjen, daß ßhon vordem Schriften auf irgend eine Art mechanifch vervielfältigt wurden.
In dem Tagebuche des Abtes Jean le Robert zu Saint Aubert in Cambray befinden fich nämlich folgende Eintragungen:
S. 158. Item pour un doctrinal jette en molle envoye chercher ä Bruges par Marquet, un escripvand de Valenciennes au mois de janvier xlv pour Jacquet ä xx sous tournois. II en heia Sandrins un pareil que Veglise paya.
S. 161. Item envoye ä Arras un doctrinal pour apprendre ledit dom. Gerard, qui fut achete ä Valenciennes et etait jette en molle et couta xxiiij gros. II me renvoya ledit doctrinal le jour de toussaint l’an Ij, disant qu’il ne fallait rien et etait tout faute. II en avait achete un ä x patards en papier. 1
Ferner ßeht im Gedächtnißbuch des Klofters Weidenbach zu Cöln bei dem Jahre 1450 nachstehender Vermerk: Eode äno obijt wynand9 de roremüdis qui dedit nobis vrceü ad coionem frm cü libris ipressis valore x x- florenord. 2
In der niederrheinißhen Tiefebene (im weiteßen Sinne gedacht) waren alfo fpäteßens 1445 gedruckte Bücher käuflich und zwar in verfchiedenen Ausgaben. Von den Doctri- nalien exißirten deren mindeßens zwei, nämlich eine richtige und eine fehlerhafte, wahr- fcheinlich aber fogar drei, fo daß wenigßens zwei concurrirende Werkftätten beftanden haben müffen. Ebenfo gebraucht der Weidenbacher Chronift den Pluralis, woraus man nicht nur auf verfchiedene Ausgaben, fondern auf verfchiedene Werke fchließen darf.
Leider fehlt es aber an einer näheren Angabe über die Art des Drückens, denn imprimere wurde ebenfo auf den Tafel- und Zeugdruck wie auf den Buchdruck angewendet, und das Wort molle iß nichts anderes als das deutßhe Model (Form). Es iß wohl richtig, daß mettre en molle und escrire en molle (übrigens nie jetter en molle) fpäter in übertragener Bedeutung den Buchdruck bezeichneten, aber fchon 1444 werden die Karten-
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