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Festschrift zum fünfhundertjährigen Geburtstage von Johann Gutenberg / im Auftr. d. Stadt Mainz hrsg. von Otto Hartwig
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GENEALOGIE DES MAINZER GESCHLECHTES

GÄNSFLEISCH.

ENN es auch bei der Würdigung einer Erfindung von der Wichtigkeit des Buchdruckes gleichgültig ift, welchem Gefchlechte der Mann angehört hat, dem ße glückte, fo verhält (ich das anders bei einer Unterfuchung, die (ich mit der äußeren Geßhichte des Ereigniffes befaßt. Zu dem Wenigen,was man bis jetjt über die perfönlichen Verhältniffe des Erfinders weiß, muß eine Darlegung der Umgebung, in der er aufgewachfen, und der Stellung feines Gefchlechts in der Heimath ihren Beitrag liefern.

Gutenberg gehörte durch Geburt einem angefehenen Mainzer Stadtge- fchlecht an; einer der Familien, die die Selbßftändigkeit ihrer Vaterßadt gegen die drohende Landeshoheit des mächtigen, im Eießtje der ordent­lichen Gerichtsgewalt befindlichen, geißlichen, Reichsfürßen zu erringen, ver- ftanden hatten. Das Gefchlecht zum Gänfefleifch tritt unter diefem feinem Hapsnamen urkundlich erß im Jahre 1330 auf. Doch liegen genügende An­haltspunkte dafür vor, um es noch faß ein Jahrhundert rückwärts verfolgen zu können. Es theilte ßch in zweiiHauptßämme, zwifchen denen keinp BeJitj- gemeinfchaft mehr beftand. Troadem war es erforderlich, auch den andern Starpm, dem Gutenberg,nicht angehörte, zu berückßchtigen; fchon der Unterfcheidung der vielen, mit ihm gleichnamigen und gleichzeitigen .Perfonen halber. -<;ir.

Der Mannsftamm des älteren Zweiges erlofch wahrfcheinlich mit dem Erfinder felbft.

Der jüngere, von Sorgenloch zubenante, Stamm theilte ßch irn 14. Jahrhundert abermals. Der Mannsftamm der älteren, auch durch eine Wappenänderung von ihren Geßhlechts- vettern ßch abfondernden, Linie erlofch im Anfang des 16. Jahrhunderts. Sie .hatte ßch, nach dem Verlaffen der Stadt, faß völlig mit der Ritterßhaft der NachbarßhafLvon Mainz verßhmolzen. Der im Jahre 1443 nach Frankfurt übergezogene Ort zum Jungen bezeugt in feinen Aufzeichnungen, daß die von Sorgenloch genant Gänsfleifch, auch, wie fein eigenes Gefchlecht, von Alters her frei feien und viele Lehen hätten.

Die jüngße Linie blühte, wenn auch in den beiden letzten Generationen in (chwächerer focialer Stellung, bis zum Jahre 1567. Die letjtlebende Frau des Gefchlechts ßarb fogar erß im Jahre 1605, in der Hauptftadt der Landgrafßhaft He(fen-Darmftadt.

Die alte Stellung diefer wehrhaften ftädtifchen Ariftokratie war eine (ehr günftige. An der Spitze eines ftarkbefeftigten, kriegstüchtigen Gemeinwefens, vergaß ße nicht, die Grundlage ihrer Stellung zu erhalten. Durch Geld- und Waarenhandel, Gewandfchnitt, Landwirthßhaft auf eigenem Grund und Boden, und Vertrieb der Erzeugniffe daraus, ßcherte ße ßch den ererbtenWohlftand. Dabei war die rechtliche Stellung der Gefchlechter durch ihre alte Verbindung mit dem Erzbißhof, als Münzer-Hausgenoffen, eine eximirte. Während des 15. Jahrhunderts ßchern ße ßch oft perfönlich, durch Eintritt in die erzbißhöf­liche Dienftmannfchaft, gegen ihre politißhen Gegner bei den Zünften.

Heute lebt, meines Wiffens, nur noch eins diefer alten Mainzer Gefchlechter: die Freiherrn v. Molsberg ; wie auch nur ein einziges aus dem benachbarten Frankfurt : die Freiherrn v. Holzhaufen.

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