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Festschrift zum fünfhundertjährigen Geburtstage von Johann Gutenberg / im Auftr. d. Stadt Mainz hrsg. von Otto Hartwig
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VORSTUFEN DER TYPOGRAPHIE.

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meliterkloßer zu Vilvorde nahe Brüflel war und daß das Klofter Mariaftern bei Gouda lag. Einige andere Grundlagen, namentlich die Illuftrationen in typographifchen Werken, find auch noch vorhanden, und wenn daher ein niederländifcher oder belgifcher Gelehrter die in Betracht kommenden Blockbücher und Einzelholzfchnitte vom Standpunkte des Sprachforfchers aus unterfuchen wollte, fo würde die Gefchichte der graphifchen Künfte in den einft burgundifchen Landen wohl leidlich klar vor unferen Augen liegen.

Ob nun Haarlem wirklich Antheil haben follte oder nicht, fo ergiebt (ich aus den -uns erhaltenen niederländifchen fowohl als deutfchen Blockbüchern übereinftimmend, daß eine Vervielfältigung von Schrift durch Holzßhneider keinesfalls vor dem Jahre 1460 angenommen werden darf, und daß mithin auch die Holzfchneidekunft nicht als Vorläufer der Buchdruckerkunft betrachtet werden kann. Wir verftehen es nun auch, warum der einzige xylographifche Donat, der uns vollftändig erhalten, erß einer fo fpäten Zeit angehört. Als deffen Verfertiger nennt ßch nämlich der Ulmer Bürger Conrad Dinckmut, der von 147681 dort als Buchbinder, von 148299 als Buchdrucker thätig war, fo daß der Donat wohl aus dem erßgenannten Zeitraum ßammen muß.

Den niederländifchen prenters ift jedoch bisher eine folche Bedeutung beigemeffen worden, daß wir uns wohl oder übel mit denfelben befchäftigen müffen, zumal noch in jüngßer Zeit Weale den Verfuch gemacht hat, die Anfänge t der niederländifchen Holz­fchneidekunft weiter zurückzudatiren, als dies je bisher gewagt wurde. Ohne auch nur die Spur von Beweismaterial beizubringen, behauptet er, daß es in Brügge, Varffenare und Middelburg in Seeland feit 1412, wenn nicht früher, üblich gewefen fei, in den aus­gemauerten Grabßellen der Kirchen colorirte Holzfchnitte anzukleben, und zwar zu Kopfenden des Verftorbenen gewöhnlich eine Darßellung des gekreuzigten Heilands, zu Fußenden die Krönung der Jungfrau mit ßngenden und muficirenden Engeln. Nun find allerdings im Jahre 1841 zwei folche Holzfchnitte in einer Gruft der Kathedrale von Brügge entdeckt worden, aber Delepierre, der den Fund ausführlich befchrieb, betonte ausdrücklich, daß das betreffende Grab nicht vor 1490 ausgemauert fein könnte. Bis 1865 waren noch keine Entdeckungen, die diefes Refultat änderten, gemacht worden, fonß hätte Ruelens in feiner Befchreibung der Brüffeler Madonna mit der angeblichen Jahres­zahl 1418 ßcherlich darauf Bezug genommen. Wenn feitdem irgendwo von neuen Funden, die für die niederländifche Kunftgefchichte doch von wefentlicher Bedeutung wären, be­richtet fein follte, fo ift diefe Mittheilung der Kunftforfchung bisher entgangen. Leider entbehren Weales übrige Angaben fo fehr der hiftorifchen Gründlichkeit, daß wir ihm auch in diefem Punkte obfchon deffen Richtigkeit keineswegs ausgefchloffen wäre nicht ohne weiteres Glauben fchenken können, fondern das Refultat weiterer Prüfung abwarten müffen . 10

Die prenters, die ßch in der erßen Hälfte des 15. Jahrhunderts in Löwen, Antwerpen und Brügge nachweifen laffen, waren augenfcheinlich Zeugdrucker, und es fehr frag­lich, ob ße nebenbei auch den Bilddruck ausübten. Von dem früheßen derfelben, dem 1417 in Antwerpen thätigen Jan de prentere, kennen wir drei Schuldurkunden: die eine Verpflichtung ging er in Gemeinfchaft mit einem Färber ein; die zweite Rechnung war fo hoch (130 Pfd. 7 fchil.), daß ße ßch nur durch einen Ankauf von Zeugßoffen erklären läßt; die dritte Schuld nahm er bei einem Pergamentmacher auf, und nachdem neuer­dings erwiefen ift, daß die Zeugdrucker Pergament-Abfälle brauchten, um damit die zum