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I. Die Heere nach dem Befreiungskriege
in eine isolierte Stellung geraten war. Dann schlich sich, in Erinnerungan den ungeahnten Aufschwung, mit dem Preußen um die Mitte des acht-zehnten Jahrhunderts das alternde Europa überrascht hatte, auch das ehe-malige Mißtrauen gegen den Staat des großen Friedrich bei den Nachbarnein und erschwerte seine politische Stellung.
König Friedrich Wilhelms III. nüchterne Art war nicht dazu geeignet,mit den kriegerischen Erfolgen seines Heeres auf den Schlachtfeldern einenpolitischen Aufschwung einzuleiten und sie zur Steigerung des eigenen An-sehens und des eigenen Einflusses zu benutzen. Sein bescheidenes Gemütließ es sich daran genügen, im Bunde der drei Monarchen als derjenigeaufzutreten, dessen Recht zu Ansprüchen das begrenzteste sei. Die persön-liche Verehrung, die er genoß, ließ ihn die Bitterkeit verwinden, die ersonst in der Rolle des Mindestbegünstigten hätte empfinden müssen. DieRücksicht auf Rußland und Österreich schien ihm durch zu natürliche Um-stände geboten, als daß sie ihn nicht bei allen Schritten hätte leiten sollen.
Der erste Pariser Frieden erschwerte Preußens Lage nicht unerheblich;denn mit dem Zusammentritt des Wiener Kongresses verstärkte Frankreich den Ring der „alten" Mächte, denen gegenüber Preußen noch immer diejüngere, emporgekommene war und blieb.
Das Erstehen eines neuen, starken, deutschen Staates im Herzen Europas hätte ihre gewohnten Kreise auf das bedenklichste gestört. Dafür war keinerihrer bedeutenden Staatsmänner. Zu Metternichs überwiegendem Einflußgesellte sich hierbei derjenige Talleyrands. Die allgemeinen Bestimmungender deutschen Bundesakte wurden vorsichtig schon in die Wiener Kongreß-vereinbarungen aufgenommen. Noch fehlte Germania der Ritter, der fürihre eigenen Rechte und ihre Würde eintrat. Hätte Friedrich Wilhelm III.in Wien einen Gneisenau zu seinem vornehmsten Berater gemacht, würdesich vielleicht manches anders gestaltet haben. Allein die vulkanische Na-tur dieses Mannes schloß es aus, daß der König volles Vertrauen zuihin faßte, uud der Staatskanzler Hardenberg, der dieses damals noch be-saß, stand viel zu sehr im Banne der alten diplomatischen Kunstmethode,um die fein gesponnenen Gewebe seiner hohen Zunftgenossen mit kräftigemRuck zu zerreißen.
Von den Staaten, welche durch ihren Besitzstand an der Bildung desneuen Deutschlands teilnahmen, waren vier zugleich europäische Mächte:Österreich, Preußen, die Niederlande und Dänemark . Einzelne der rein-deutschen hatten sich ihre Sonderrechte noch während der Kriege, als beiden Mächtigen die Gebelaune herrschte, vorsichtig gesichert, wie Bayern durch den Vertrag von Ried und Württemberg durch den von Fulda .