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2 (1914) Im Zeitalter Kaiser Wilhelms des Siegreichen
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II. Die Sturm- und Drangjahre von 184818S0

Am 30. Juni sollte der Angriff gegen die feindliche rechte Flanke ge-führt werden. Was zu erwarten war, trat jedoch ein. In der Nachtverschwanden die Dänen. Sie zogen in aller Stille von Hadersleben ab.Die Angreifer hatten das Nachsehen. Sie gingen zwar noch bis zur jüti-schen Grenze, südlich Kolding vor, erreichten die Dänen aber nicht mehr.General v. Hedemann brachte seine 17 000 Mann glücklich nach Jütland in Sicherheit.

Nun trat wieder Ruhe ein; General Halkett wurde mit seinen Truppenins Sundewitt verlegt, die übrigen blieben Kolding gegenüber stehen. Ge-neral v. Wrangel nahm sein Hauptquartier in Christiansfeld .

Allgemein stand man in Erwartung des Waffenstillstandes. Tatsächlichschien er dem Abschluß nahe zu sein. In Bellevue bei Kolding wurde einannehmbarer Entwurf zustande gebracht. Da trat ein unerwartetes Er-eignis ein.

Die schattenhafte Bundesautorität war inzwischen durch eine nichtminder schattenhafte abgelöst worden. Das Frankfurter Parlament hattesich in der Person des früheren hessen -darmstädtischen Ministers Heinrichv. Gagern einen Präsidenten gegeben. Es war sodann zur Bildungeiner provisorischen deutschen Zentralgewalt geschritten, deren Errichtungals dringendstes nationales Bedürfnis empfunden wurde. Auf GagernsVorschlag wählte es, nach achttägigen Debatten, am 29. Juni den 6 6 jäh-rigen Erzherzog Johann zum Reichsverweser. Preußen stimmte zu, demErwählten lag jetzt also die Entscheidung ob. Die Verhandlungen inBellevue wurden abgebrochen. Am 11. Juli 1848 hielt der Erzherzogunter allgemeinem Jubel seinen Einzug in Frankfurt a. M. und bildetetags darauf sein Ministerium, in dem der bisherige österreichische Präsidial-gesandte v. Schmerling das Portefeuille des Äußeren, der preußische Ge-neral v. Peucker das des Krieges übernahm.

Keine außerdeutsche Macht hatte aber bisher den Erzherzog in seinerneuen Würde anerkannt. Die dänische Regierung verweigerte es daher,mit ihm in die Ratifikationsverhandlungen einzutreten. Auf die Mittei-lung hierüber antwortete General v. Wrangel, daß er die Feindseligkeitenwieder eröffnen werde. Man glaubte im deutschen Lager an ein energi-sches Vorgehen der neuen Zentralgewalt. General v. Wrangel reichte demReichskriegsministerium den Entwurf zur Aufstellung einer Reichsarmeevon 60000 Mann Infanterie, 7500 Pferden, 132 Geschützen ein, diegenügen werde, das dänische Festland ganz zu besetzen und Landungenzu verhindern. Peucker sagte tatsächlich auch 32000 Mann Infanterie,3900 Pferde, 90 Geschütze an Verstärkungen zu, von denen ein Teil be-