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II. Die Sturm- und Drangjahre von 1848—1850
Die bewaffneten Putsche waren damit zunächst beendet. Die Bewegungaber dauerte fort. In Nastatt zeigte sich die Garnison widersetzlich. Inder bayerischen Pfalz meuterten zwei Kompagnien; ein Landesverteidi-gungsausschuß wurde gewählt, die Zahlung von Steuern und die Stellungvon Rekruten verweigert, am 16. Mai sogar eine provisorische Regierungzu Kaiserslautern eingesetzt und die Loslösung von Altbayern verkündet.Als die Bundestruppen das Land wieder verlassen hatten, erneuerten sichsogar die Erhebungen mit der Waffe. Gleichzeitig mit dem Straßenaufruhrin Frankfurt a. M. proklamierte der aus der Schweiz zurückgekehrte Struveam 21. September von Lörrach aus feierlich die deutsche Republik. SeinFreiheitsheer wurde am 24. September bei Staufen im Münstertal vonGeneral Hoffmann auseinandergetrieben und hatte ernstliche Verluste. Erselbst wurde tags darauf verhaftet und später zu schwerer Kerkerstrafeverurteilt. Damit war auch der Struveputsch erledigt.
Wohl einsehend, daß sie nichts ausrichten würden, wenn es ihnen nichtgelang, die Truppen zu gewinnen, betrieben die Aufrührer deren Verhetzungmit verdoppelter Energie. Flugschriften forderten sie zur Ermordung derOffiziere, zur Wahl anderer und zur Erhebung auf. Die ihrem Fürstentreu Bleibenden wurden mit wüsten Drohungen überschüttet. „Die Zeitwird kommen, wo an jedem Baum des Feldes einer von euch, ihr ver-fluchten Vater- und Brudermörder, hängen wird!"
Leider waren die Zustände bei den badischen Truppen jener Zeit der-art, daß die Verführung vorbereiteten Boden fand. Sparsamkeitsrück-sichten hatten die Dienstzeit bei der Fahne mehr und mehr durch Beur-laubungen beschränkt. Die Kompagnien brachten gewöhnlich nur 25 bis40 Mann zum Dienste zusammen; die Leute wurden den Offizieren ent-fremdet; deren Einwirkung konnte sich nicht fühlbar machen. Auch dasOffizierkorps besaß seine Mängel. In den höheren Rangstufen befandensich noch vielfach Männer, die unter Napoleon I. ihre Schule in Rußland und Spanien durchgemacht hatten; sie befolgten ein System barscher undmechanischer Strenge, ohne die Hilfe moralischer Mittel. Der geringeMannschaftsstand zwang viele zur Untätigkeit und hatte sie in einem mehrals dreißigjährigen Frieden die alte soldatische Energie verlieren lassen.Die jüngere, ganz im Frieden groß gewordene Generation stand ihnenfern; sie wurde von ihnen wenig beachtet. Eine übertriebene Milde vonoben her hatte dem einzelnen viel Spielraum gewährt, dem Übermut, derRoheit und Frivolität oft zu fehr die Zügel schießen lassen. Das kamin der Behandlung der Soldaten zum Ausdruck, die in dem Offizier nurden polternden und strafenden Vorgesetzten, nicht den Lehrer und Freund