Verführung der badischcn Truppen
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sahen. Die nach den ersten üblen Erfahrungen in Eile getroffenen Maß-nahmen, die Ernennungen von Unteroffizieren zu Offizieren, wodurch dieherrschende Unzufriedenheit gebannt werden sollte, schadeten mehr, als daßsie nützten. Der Versuch, auf die politische Stimmung der Leute einzugehenund jene zu leiten, schädigte die Disziplin. Der Anblick der grenzenlosenSchwäche der Regierung gegenüber den Umsturzbestrebungen, die wachsendeDreistigkeit und der Trotz der Revolutionäre konnte in der Armee nichtohne Eindruck bleiben. Einer Autorität, die sich selbst aufgibt,hängt niemand an. Keine Revolution ist zum Ziele gelangtohne mittelbare Begünstigung durch die Regierung, die gestürztwerden sollte. Eine allgemeine Amnestie für die Aufrührer verwirrtedie Rechtsbegriffe, und diese Verwirrung ward noch gesteigert durch dieVerkündigung der sogenannten deutschen Grundrechte von feiten des Neichs-verwesers am 21. Dezember 1848.
Dazu kam die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, welche zahlreichedemokratisch gesinnte Halbgebildete den Fahnen zuführte. Leute, die mitHecker und Struve gelaufen, traten später in die Truppe ein. Die be-deutende Vermehrung der Rekrutenzahl führte zu einer noch schlimmerenAbkürzung der Dienstzeit des einzelnen. Die Gewöhnung an Zucht undGehorsam konnte dabei nicht durchdringen. Den Soldaten wurde unbe-greiflicherweise gestattet, eigene Klubs zu bilden, die natürlich mit derrevolutionären Propaganda Verbindung hielten. Diese verhieß ihnen eineallgemeine Verbesserung der Lage des Soldatenstandes und suchte sie damitzu gewinnen.
Den Funken ins Pulverfaß schleuderten die Vorgänge vom 23. und29. März 1849 zu Frankfurt a. M, wo das Parlament die Reichsver-fasfung bestätigte, das deutsche Erbkaisertum verkündete und die Wahl desKönigs von Preußen zum deutschen Kaiser vollzog. Die breite Masseentnahm daraus zunächst nur, daß es mit der ihr zunächst stehenden Auto-rität der eigenen Landesregierung nunmehr zu Ende sei, während es nochnicht feststand, welche neue an ihre Stelle treten solle.
Die Aufregung stieg. In Rastatt kam es zu den ersten ernsten Un-ruhen. Der Platz war von Rechts wegen Bundesfestung, aber als solchenoch nicht ausgebaut, und über die gemeinsame Besetzung stritt man amBunde hin und her. So kam es, daß mit Ausnahme geringfügiger öster-reichischer Abteilungen die ganze Garnison noch aus badischen Truppenbestand. Diese beteiligten sich am 9. Mai an Volksversammlungen undtrugen schwarz-rot-goldene Fahnen mit geschwungenen Säbeln durch dieStraßen. Offiziere und Generale, die dem Unfug steuern wollten, wurden