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II. Die Sturm- und Drangjahre von 1848—1350
Schon an demselben.Tage, am 20. Juni, begann das preußische 1. Korpsmit dem Rheinübergang, da es ihm gelungen war, sich der aus Nachlässig-keit eines der polnischen Führer unbewachten Rheinbrücke bei Germersheim zu bemächtigen und auch den nicht besetzten Brückenkopf am rechten Uferin seine Gewalt zu bringen. Die Nachricht, daß die Hauptkräfte desGegners bei Bruchsal ständen, veranlaßte den General v. Hirschfeld, dessenKorps in drei Divisionen und eine Reservedivision gestellt war, nur die1. Division, Hanneken, über Philippsburg gegen den Neckar vorgehen zulassen, mit den übrigen aber die Richtung auf Bruchsal einzuschlagen.
General v. Hanneken besetzte nach kurzem Scharmützel Philippsburg .Ein von dort auf Wiesenthal abziehendes badisches Jnfanteriebataillonwurde von einer voraustrabenden schwachen Eskadron des preußischen9. Husarenregiments ereilt, angegriffen und teilweise gesprengt. Bei dieserGelegenheit war es, wo der jugendliche Prinz Friedrich Karl , der sie be-gleitete und den Säbel in der Faust am Kampfe teilnahm, eine schwere,sein Adjutant, Major v. d. Busche-Münch eine tödliche Verwundung er-litt. Major Rückert und ein junger Husarenoffizier fielen. Der Prinzwar herbeigeeilt, um, wie im Jahre zuvor in Schleswig , so jetzt hier inBaden unter Führung seines Oheims Kriegserfahrung zu erwerben. Erhatte den günstigen Augenblick erspäht, den unaufmerksam und sorglosmarschierenden Gegner zu überraschen und den Anstoß zur Attacke ge-geben, der Rolle verfolgender Kavallerie eingedenk. Längst ist die Klageüber den „unbesonnenen Streich" verstummt, die nur in einem weichlichenGeschlecht entstehen konnte, das an den Erfolg ohne schmerzliche Verlustezu glauben gewohnt war.
Die Nacht brachte die Division bei Wiesenthal, das übrige Korps beiGraben zu. Am 21. Juni sollte General v. Hanneken über Waghäusel und Neu-Lußheim nordwärts Vordringen, fand aber sogleich ernsterenWiderstand als bisher.
Mieroslawski hatte die ihm in seiner linken Flanke drohende Gefahrjetzt deutlich erkannt und die Nacht und die Eisenbahn benutzt, um einengroßen Teil seiner Truppen vom Neckar gegen Waghüusel hin zu ver-einigen. Nicht nur die schon in Bewegung gesetzte Division Beckert, son-dern auch Oborsky sowie Kavallerie und Artillerie eilten dorthin. Sokam es, daß er am 21. Juni früh bei Waghäusel über 22 Bataillone, 8Eskadrons und 32 Geschütze gegen nur 7 Bataillone, 4 Eskadrons und8 Geschütze verfügte, welche Hanneken heranführte. Dessen Vorhut sahsich, als sie Waghäusel erreicht hatte, von mehreren Seiten durch Über-legenheit angegriffen. Ein Gefecht entspann sich, das von 9 Uhr morgens