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II. Die Sturm- und Drangjahre von 1848—18S0
in großer Unordnung, bis das Elsenztal die Fliehenden aufnahm und dieGefahr schwand, daß ihnen der Weg von Hirschhorn her verlegt werdenwürde.
Leicht hätte dies durch das Neckarkorps geschehen können, das alleinstärker war als die noch einigermaßen zusammenhaltende Streitmacht derAufrührer. Es hatte bis Sinsheim , das diese notgedrungen durchziehenmußten, nur einen kleinen Tagemarsch und war durch vorangegangeneRuhe erfrischt. Trotzdem blieb es zunächst stehen. Erst als es Nachrichtenvom Rheinübergange der Preußen, vom Gefecht von Waghäusel und demRückzüge der Badener erhielt, ging nachmittags eine starke Avantgardeunter General v. Bechtold über Waibstadt vor und traf abends 9 Uhrvor Sinsheim ein, das jene, nach einem nur durch kurze Rast bei Heidel-berg unterbrochenen Marsche von fast 60 Kilometern glücklich erreichthatten. Es kam zu einstündigem Geschütz- und Gewehrfeuer; dann standGeneral v. Bechtold von dem Versuche, das Städtchen zu nehmen, ab undging nach Waibstadt zurück, bis wohin mittlerweile das ganze Neckarkorpsgefolgt war.
Am 23. ging Mieroslawskis Rückzug von Sinsheim über Eppingen nach Breiten, etwa 40 Kilometer weiter. Den ganzen Tag über durch-zogen noch nachkommende Truppen, dicht an dem Neckarkorps vorüber,Sinsheim. Selbst Oberst Becker, der am 22. Heidelberg mit geringenStreitkräften gehalten und dann bei Neckargemünd eine Aufnahmestellunggenommen hatte, um abfahrende Wagenzüge und Nachzügler zu retten,vermochte unbehelligt zu folgen und am Abend des 23. Juni bei Eppingen den Anschluß an Mieroslawski zu gewinnen. Hinter sich hatte er dieNeckarbrücke bei Heidelberg sprengen lassen wollen, war aber durch dieBürger daran verhindert worden. Man kann nicht umhin, die Entschluß-fähigkeit und Tatkraft, die beide Männer unter so schwierigen Umständenzeigten, anzuerkennen.
Das Neckarkorps war am 23. bei Waibstadt stehen geblieben, Zeugeder Flucht seiner Gegner, und schob erst nachmittags seine Vorhut nachSinsheim vor, das jetzt frei gefunden wurde. Am 24. früh folgte auchdas Korps und schlug nun die Straße nach Eppingen ein.
Wie Mieroslawski dem Neckarkorps entgangen war, entging er auch dem1. preußischen Korps im Rheintal. Dieses Korps hatte am 22. erst nochdie nördliche Richtung gegen Heidelberg und Schwetzingen verfolgt, dannaber den Abzug der Aufständischen erfahren und war teils nahe vonSchwetzingen, teils bei Roth und Walldorf stehen geblieben. Am 23. kehrtees gegen Süden um und stieß bei dem Marsche nach Bruchsal auf das