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2 (1914) Im Zeitalter Kaiser Wilhelms des Siegreichen
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Rückzug Mieroslawskis vom Neckar

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Von der badischen Hauptmacht abgekommene pfälzische Korps Snayde.Dieses hatte, noch 5000 Mann mit 12 Geschützen stark, bei und in demverteidigungsfähigen Orte Ubstadt am Gebirgsfuße nördlich von Bruchsal Stellung genommen, um Mieroslawskis Marsch durch das Gebirge zusichern. Es kam zu einem verhältnismäßig hartnäckigen Gefecht gegen diezuerst heranrückende 3. preußische Division, bei dem die Aufständischen an250 Tote und Verwundete verloren ehe sie Ubstadt räumten. Auch die4. preußische Division, die über Graben auf Bruchsal marschieren sollte, hattebei Neudorf einigen Widerstand zu überwinden. Immerhin genügte dieseGegenwehr der Aufständischen, um die Preußen an diesem Tage nichtüber Graben und Ubstadt hinauskommen zu lassen.

Erst am 24. gingen sie auf Bruchsal vor, wo Snayde nochmals zu haltensuchte, während Mieroslawski mit dem Heere, von Breiten kommend, unterseinem Schutze über Durlach abzog. Zwar schlugen sich die Pfälzer schlecht,bedrohten den eigenen Führer und zwangen ihn zur Flucht auf französi-schen Boden. Aber am Ende ging auch über diesen Kampf Zeit verloren,und erst am 2S. Juni rückte das ganze 1. Armeekorps mit der 4. Divi-sion am linken Pfinzufer auf Karlsruhe , mit den andern 3 Divisionenlängs der Bergstraße auf Durlach vor. Nur hier kam es noch zumKampfe. Etwa 1500 Freischärler hielten die Stadt besetzt. Der nacheinleitendem Feuergefecht unternommene Vorstoß eines preußischen Land-wehrbataillons wurde mit Verlust abgewiesen. Nach längerer Beschießungund Umfassung gelang es jedoch, die Verteidiger zum Weichen zu bringen.Sie gingen nach einem Verlust von etwa 200 Mann auf Ettliugen zu-rück. Der preußische belief sich auf 10 Offiziere und 114 Mann.

Karlsruhe wurde ohne Kampf besetzt; doch war es den revolutionärenBehörden gelungen, noch vorher zu entkommen. Nur der stellvertretendeKriegsminister konnte verhaftet werden. 2 Geschütze fielen am Bahnhofeden Einrückenden in die Hände.

Am Nachmittage desselben Tages hatte Mieroslawski seine, immer noch13 000 Mann mit 42 Geschützen starke, Streitmacht in und um Rastatt hinter der Murg versammelt. Sein verwegener Rückzug war gelungen.Ohne Zweifel hätte ein schnelleres Vordringen des 1. preußischen Korpsden Aufständischen bei Durlach die Endkatastrophe bereiten können.

Man kann Mieroslawski nicht unrecht geben, wenn er aufzeichnet:DieAufgabe des pfälzischen Korps bestand darin, bei Ubstadt und Bruchsal standzuhalten, bis ich unsere ganze Armee herbeigeführt und hinter ihmzusammengezogen hatte. Es kämpfte am 23. mittelmäßig in Ubstadt undam 24. entschieden schlecht in Bruchsal ; aber die auffallende Kraftlosigkeit