Nachwirkungen der Mobilmachung von 1850
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nisse und die Anwesenheit der Truppen in ihren Friedensstandorten be-rechnet waren, trafen sie zurzeit, wo beide vielfach getrennt waren, nicht zu.Auf die zweckmäßige Benutzung der wenigen Eisenbahnen verstand mansich noch nicht. Menschen, Pferde, Vorräte stauten sich an den Schienen-wegen; denn man hatte die Reserven der Linie und die Wehrmänner beiderAufgebote gleichzeitig einberufen. Auch die Gestellungsorte waren schnellüberfüllt; Unterkunft und Verpflegung reichten nicht aus.
Die üblen Erfahrungen der letzten Jahre hatten dazu geführt, daß durchein Gesetz vom 27. Februar 1850 für die Unterstützung der zurückbleibendenSoldatenfamilien gesorgt worden war. Die Mannschaften kamen willigerals bei den vorangegangenen Einberufungen zur Fahne. Große Miß-stimmung erregte aber bei den Älteren und Verheirateten das Zurück-bleiben der zahlreichen jungen wehrfähigen Leute, die sich sreigelost hatten.Es fehlte auch diesmal nicht an Ausschreitungen und darauf folgendenschweren Strafen. Der Übergang auf den Kriegsfuß vollzog sich sehrlangsam; er nahm bis zu sechs Wochen in Anspruch.
Bei den Linientruppen waren die herrschenden Zustände erträglich; üblersah es bei der Landwehr aus, zumal bei den ältesten Jahrgängen. Sieerschienen vielfach in bürgerlicher Kleidung mit schlechten Waffen undmangelhaften Ausrüstungsstücken. Dabei war die Mannschaft ohne hin-reichende Übung, die Offiziere ohne die nötige Kenntnis des Dienstes.General v. Bonin, der bewährte Führer der Holsteiner, schrieb:
„Die Landwehroffiziere sind wenig brauchbar; sie verstehen nicht zu be-fehlen und finden, da es ihnen zwar in der Regel nicht an Eifer undgutem Willen, aber an sachgemäßer Ausbildung fehlt, nur zögernd Ge-horsam. Die Landwehrunteroffiziere taugen noch weniger. Den Mann-schaften fehlt es an Schulung und Disziplin; von der öffentlichen Meinungverleitet, bilden sie sich aber ein, der Kern und Rückhalt der Armee zusein. Unter schwierigen Verhältnissen, Entbehrungen und Rückschlägenwürden diese Truppen nicht die Probe bestehen."
Selbst die Volkstümlichkeit der Landwehr hatte erheblich gelitten. Esentstand ihr im Abgeordnetenhause damals nicht ein einziger Verteidigergegen die Angriffe der Konservativen. Die Fehler der ganzen Einrichtung,die Schäden, welche sie für das Erwerbsleben des Volks mit sich brachte,waren allzu deutlich hervorgetreten, als daß einigermaßen einsichtsvolleMänner sich ihrer Anerkennung hätten entziehen können. Leider hielt dasVerständnis der Verblendung durch politische Leidenschaft nicht lange stand.
Seit dem November 1849 bestand eine Armeereformkommission, die aberin der Unruhe der Zeit nicht zur praktischen Wirksamkeit gekommen war.