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III. Die Zeit des Stillstandes
ihrem Vollen Rechte und wurden aufs genaueste vorgeschrieben. WelcheMühe kostete ihre Einübung.
Gar die Bildung der Schützenzüge aus dem dritten Gliede, der Platz,auf den sie sich aufstellten bei den verschiedenen geöffneten und geschlossenen,rechts und links abmarschierten Kolonnen, die Art des Schwärmens unddes Herausführens der Unterstützungstrupps, die bei Kolonnen- und Linien-stellung des Bataillons verschieden war, die schulgerechten Bewegungen derSchützenlinien „mit Grazie variiert durch das Ansetzen rechtwinkligerOffensiv- und Defensivslanken — das alles zusammen bildete eine Wissen-schaft für sich, die der Schützenkapitän des Bataillons manchen Nachmit-tag mit den Schützenzügen oder deren Offizieren und Unteroffizieren imSkelett übte."
Die Achsschwenknngen, bei denen die Linie des Bataillons sich wie zweigegenüberstehende Windmühlenflügel um den Mittelpunkt drehte; die Konter-märsche, die es ermöglichten, eine Linie kehrtmachen zu lassen, aber dochdas erste Glied wieder vorn und den größten Mann wieder auf demrechten Flügel zu haben — ein Triumph der Elementartaktik — undähnliche „Paradetänze" waren sorgsam erhalten, das Reglement aber100 Seiten länger geworden als das alte. Mit der Brigade , die 1812,durch Zugabe von Artillerie und Kavallerie selbständig gemacht, nur wenigallgemeine Anweisungen für Aufstellung und Verwendung erhalten hatte,sollte von nun ab ordentlich exerziert werden. „Saldern und seiner Ge-nossen Geist beherrschte wieder die Situation."
Die zahlreichen Wiederholungen der nicht gelingenden Bewegungen, solange bis sie den Rädern des Uhrwerks gleich abliefen, kamen wieder inGebrauch. Der Felddienst, der dem einzelnen Manne soviel Gelegenheitgab, sich in Haltung und Drill zu vernachlässigen, wurde auf das knappsteZeitmaß zusammengedrängt. Nicht ganz mit Unrecht spotteten die Jungen,daß es bei manchen Truppenteilen überhaupt nur „die Felddienstübung"gab, d. h. die eine im Jahr, wie das Jahresfest eines Sportklubs. Derganze Dienstbetrieb atmete Gleichmäßigkeit und Langeweile. Vormittagsdrei, nachmittags zwei Stunden Exerzieren mit ewigen Wiederholungen,früh und abends je eine Stunde „Instruktion", d. h. Unterricht, der sichhauptsächlich an das Gedächtnis wendete und dem Auswendiglernen einesFrage- und Antwortspieles sehr ähnlich sah, dazwischen ab und zu Schießenauf dem Scheibenstande, rein mechanisch und mit wenig Verständnis be-trieben — das war die alltägliche Tätigkeit der Jufanterie. Zur Sommers-zeit kamen dann die größeren Exerzitien hinzu, bei denen alles auf Gleich-mäßigkeit und Anspannung ankam und man bei der Ausführung der