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2 (1914) Im Zeitalter Kaiser Wilhelms des Siegreichen
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Gute Eigenschaften des Osfizierkorps

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1814, mit dem man unter dem Drucke der Not hatte rechnen müssen, näm-lich die Zusammensetzung des Feldheeres aus zwei der Zahl nach etwa gleichstarken, aber in ihrer Natur sehr verschiedenen Bestandteilen und das Fehleneines gesetzlich bestimmten Verhältnisses zwischen Bevölkerungszahl undRekruteneinstellung waren nicht beseitigt worden.

Eine Vermehrung des aktiven Osfizierkorps fand endlich statt, um denBedarf der Landwehr zu decken. Ein wenig wurde damit den ungünstigenAvancementsverhältnissen im Offizierkorps aufgeholfen, aber sie bliebennoch immer schlecht genug.

Es ist nicht zu verwundern, wenn den vom Dienste nach damaligenBegriffen stark in Anspruch genommenen, in der Öffentlichkeit vielfach an-gefeindeten, oft von materiellen Sorgen niedergedrückten Offizieren diegeistige und auch die körperliche Frische verloren ging. Pflichttreue undritterliche Gesinnung, das Erbteil der altpreußischen Zeit, blieb ihnenfreilich eigen. Mit verschwindenden Ausnahmen hatten sie während derletzten bewegten Jahre felsenfest auf ihren Posten gestanden.

Das waren treffliche Eigenschaften, aus die sich für die Zukunft auf-bauen ließ, aber sie allein genügten nicht, das Heer für die ihm beschie-denen historischen Aufgaben vorzubereiten. Kurz vor der Sturm- undDrangperiode hatte die preußische Infanterie das Reglement von 1847erhalten, das unter der Einwirkung einer mehr als dreißigjährigen, un-unterbrochenen Friedenszeit entstanden war. Das ewige Verlangen allermittelmäßigen Geister nach Vorschriften für ihr Tun, nach Bestimmungensür alle Einzelheiten, die ihnen obliegen, hatte sich inzwischen geltendgemacht. Das unter dem gewaltigen Eindruck großer Kriegsereignisseniedergeschriebene Reglement von 1812, das in der Ausführung der Be-wegungen viel Freiheit je nach Umständen, Zweck und Gelände ließ, warmit der Zeit durch eine Fülle von Zusätzen seiner Einfachheit beraubtworden. 1847 hatte man geglaubt, seine Lücken ausfüllen und die kleinenGeister von ihren Zweifeln befreien zu müssen. Scharnhorsts Lehre, daßalle zusammengesetzten und gekünstelten Bewegungen, die man nie vordem Feinde anwenden wird, selbst von den Übungsplätzen verbannt feinsollen", war vergesfen.Für alle Fälle, die im Kriege eintreten konnten,sollte ordnungsmäßig und reglementarisch gesorgt werden; nicht die Über-legung des konkreten Falles auf dem Gefechtsfelde dem Feinde gegenüber,sondern die Überlegung eines Rezepts vom grünen Tisch, das dann aufdem Exerzierplatz eingeübt wird erhielt Geltung." Das Kolonnenbildenaus der Linie durch Vor- oder Vor- und Hintereinanderschieben der Zügedes Bataillons und dieDeployements" aus der Tiefe kamen wieder zu