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III. Die Zeit des Stillstandes
genen Feldzügen in Afrika gemacht hatten. Die Lehren des MarschallBugeaud , der den Truppen mehr Gewandtheit, Selbständigkeit und Frei-heit der Bewegung geben wollte, spielte eine besondere Rolle. Der Um-stand, daß seit dem 2. Dezember 1852 der Neffe des großen Schlachten-kaisers als Napoleon III. den französischen Thron bestiegen hatte, wurdeals Vorbote ernster Zeiten angesehen.
Der Generalstab erfuhr eine Erweiterung und durch Einführung derGeneralstabsreisen eine Vertiefung seiner Ausbildung. Als der um diesehochverdiente General v. Reyher am 7. Oktober 1857 starb, trat Generalv. Moltke an seine Stelle. Der Geist dieses großeu Mannes begann balddie Tätigkeit seiner Mitarbeiter zu durchwehen.
Das Militärbildungswesen hob sich wesentlich, wie überhaupt KönigFriedrich Wilhelms IV. Regierung für das innere Leben der Armee, fürdie Erziehung des ritterlichen Sinnes und der vornehmen Sitte im Offi-zierkorps von großer Bedeutung war.
Eine fast vollständige Wiedergeburt erlebte das höchste militärische Lehr-institut, die „Allgemeine Kriegsschule " unter der Leitung des berühmtenKriegshistorikers General v. Höpfner. Er hauchte ihr durch Berufungausgezeichneter Lehrkräfte und durch eigene Lehrtätigkeit, sowie mit derEinführung freier Vorträge ein frisches geistiges Leben ein.
Die Ruheperiode nach den Befreiungskriegen hatte auch das bedeutendstekriegswissenschaftliche Werk aller Zeiten — Clansewitz' Lehre vom Kriege— entstehen lassen, das freilich erst nach des Verfassers frühem Tode imJahre 1832 erschien und von seiner hochbegabten Gattin mit einem wun-dervollen Begleitworte der Öffentlichkeit übergeben wurde. Noch heutemuß es als eines der schönsten Denkmäler der deutschen Sprache angesehenwerden.
Die Politische Lage Preußens hatte sich inzwischen durch die Macht derUmstände ebenfalls gebessert. Sie hoben Preußens Beruf, die führendeMacht in Deutschland zn werden, sichtbar hervor, und dies war um sobedeutsamer, als es mit der militärischen Erstarkung zusammenfiel.