Druckschrift 
2 (1914) Im Zeitalter Kaiser Wilhelms des Siegreichen
Entstehung
Seite
376
Einzelbild herunterladen
 
  

376

VI. Die Kämpfe um Deutschlands Einigung

der 1. Reichstag nach Berlin einberufen und die Verfassung vereinbart.Zur Vertretung der Regierungen wurde ein Bundesrat, als Volksvertre-tung ein aus allgemeinen direkten Wahlen hervorgehender Reichstag be-rufen. Bundeskanzler wurde Graf Bismarck . Das wichtigste aber wardas einheitliche Heer unter dem Oberbefehl des Königs von Preußen , aufallgemeiner Wehrpflicht beruhend, das starke Werkzeug zur Vollendung desEinigungswerks.

Glänzend gerechtfertigt war jetzt König Wilhelms zähes Festhalten anseinem Lebenswerke, der Reform des preußischen Heeres, und nicht minderBismarcks unerbittliche Festigkeit im Verfassungskampfe um dieses Werkund seine großdeutsche Politik. Dennoch boten beide gern den bisherigenGegnern im Innern die Hand. Dem preußischen Landtage war am3. September ein Jndemnitätsgesetz vorgelegt worden, durch dessen An-nahme die seit 1862 geführte Verwaltung nachträglich genehmigt und derunselige Verfassungsstreit geschlossen wurde.

So endete der letzte Bruderkampf Deutscher gegen Deutsche ; der Kampf,der in Monatsfrist die durch fünfzig Jahre unlösbar gewesene deutsche Frage entwirrt, das vielgehaßte, ost bespöttelte Preußen zum Staunen derMitwelt als Sieger über seine übermächtigen Gegner gezeigt, der mit Blutund Eisen die Grundlagen geschaffen hatte, auf denen wenige Jahre späterder stolze Bau des neu geeinten Deutschen Reiches erwachsen konnte."