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2 (1914) Im Zeitalter Kaiser Wilhelms des Siegreichen
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VIII. Der Krieg von 1870/71

Diese wurde auf 250 000 Manu veranschlagt. Sie sollte sich zunächstwie ein Keil zwischen Süd- und Norddeutschland hineinschieben, die Süd-deutschen, denen man Nheinbundsgedankeu unterschob, entweder zur Neu-tralität oder gar zur Heerfolge bewegen und dann links schwenken, umdie verhaßtenPrussiens" aufzusuchen und zu schlagen. Mit dem erstengroßen Waffenersolge hoffte der Kaiser seine zögernden Bundesgenossenganz für sich zu gewinnen. Österreich hatte, bei den militärischenAbreden, die den diplomatischen folgten, sein Erscheinen in Süddeutsch-land als Vorbedingung hingestellt. Eine bei ClMons unterdessen zu ver-sammelnde Rückhaltarmee von S0 000 Mann war bestimmt, nach Metz vorzurücken und dort während der großen Angriffsbewegung Flanke undRücken der Hauptarmee gegen die preußische Nheinfestungslinie zu decken.Die Schlachtslotte mit Landungstruppen an Bord sollte gleichzeitig an derOstseeküste einen Teil der norddeutschen Kräfte fesfeln.

Wäre die Voraussetzung über den preußischen Aufmarsch richtig gewesen,hätte man den Feind verpflichten können, stehen zu bleiben und abzu-warten, was Frankreich über ihn verhängen wolle, so wäre der Entwurfannehmbar gewesen. Aber es fehlte ihm die unerläßliche Vorbedingung:ein Vorsprung in der Kriegsbereitschaft und die Möglichkeit schnellsterVersammlung.

Die französische Armee war nicht nur mit den Rüstungen weit imRückstände, sondern das damalige Eisenbahnnetz erlaubte auch nur, etwa100000 Mann nach dem Elsaß überzuführen. 150000 Mann mußtenan der Mosel bei Metz ausgeladen werden, um von dort durch Fußmarschdie Gegend von Straßburg zu erreichen. Das verursachte unverhältnis-mäßigen Zeitverlust. In der Hoffnung, diesen einzubringen, und um zu-gleich Frankreichs Gebiet sofort zu schützen, beförderte man die Truppenauf Friedensfuß nach der Grenze, was zum großen Teil die Mobil-machungsverwirruug mit sich brachte.

Acht Armeekorps bildeten die Feldarmee, nämlich die Korps Nr. 17 unddie Garde. Von diesen hatte die Garde zwei, Nr. 1, 3, 4, 6 je vier, Nr. 2, 5und 7 je drei Infanteriedivisionen, alle je eine Kavalleriedivision und eineArtilleriereserve. Außerdem war eine Kavalleriereserve der Armee, von dreiDivisionen, eine Artillerie- und eine Geniehauptreserve aufgestellt worden.Rechnet man die Infanteriedivision zu 12 000, die Kavalleriedivisionen zu2500 Streitern, so kommt man auf die ungefähre Gesamtzahl von 300000Mann mit 780 Geschützen, 144 Mitrailleusen. Eine so große ungefügeTruppenmasse hätte in mehrere selbständige Heere geteilt werden müssen,aber dem stolzen und vielverheißenden NamenArmee du Rhin" zuliebe,