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VIII. Der Krieg von 1870/71
stellen für die Truppen der II. Armee, die anfänglich von Homburg nachdem Rhein zurückgezogen worden waren, wieder nach vorwärts verlegt.Das Hauptquartier des Königs traf am 2. August früh in Mainz ein.Es ist schwer festzustellen, wie stark die Franzosen zu gleicher Zeit an derGrenze gewesen sind, da noch immer Truppenteile fehlten, andere mehroder minder unvollzählig waren. Französische Quellen schätzen sie zu Endedes Monats Juli auf 10S700 Mann mit 372 Geschützen in Lothringen ,auf nur 37 000 Mann 120 Geschützen im Elsaß. Das die Verbindungzwischen beiden Gruppen herstellende 5. Korps bei Saargemünd geben sie mit23 000 und 90 Geschützen an. Die Reserve bei Chalons wird zu 34 600 Mann,226 Geschützen berechnet, das Ganze also nur auf 200 000 Mann mit808 Geschützen und Mitrailleusen. Nach deutschen Ermittelungen sind esetwa 10 000 Mann mehr gewesen; doch wuchs die Zahl täglich durch an-kommende Reserven, und vor den entscheidenden Augusttagen kann dieStärke in Wirklichkeit wohl 260—270000 Mann betragen haben. Jeden-falls war die deutsche Überzahl größer als man im Kaiserlichen Haupt-quartier zu Metz annahm.
In Frankreich wurde die öffentliche Meinung ungeduldig, weil nichtsgeschah. Man verlangte Siegesnachrichten und Napoleon III. entschloßsich, die lothringische Heeresgruppe am 2. August in eine Scheintätigkeitzu versetzen. In seiner und des kaiserlichen Prinzen Gegenwart ging das2. französische Korps, von anderen bedeutenden Teilen des Heeres gefolgt,gegen den winzigen Beobachtungsposten vor, der unter Oberstleutnantv. Pestel südlich Saarbrücken dicht an der Grenze stand. Dieser ver-schmähte den Schutz der Saar, blieb keck auf den Höhen vor der Stadtstehen, ließ sich herunterdrängen und ging dann mit den anderen bei Saar-brücken befindlichen Truppen bis 1 Meile nördlich davon zurück.
Die Franzosen machten auf den südlichen Höhen halt, folgten nicht,sondern streiften nach Saarbrücken hinab, wo sogar der heimische Tele-graphendienst nach rückwärts nicht aufhörte. Frankreich vernahm eine erste,stark aufgebauschte Siegesnachricht und beruhigte sich für wenige Tage.Um so niederdrückender wirkte das bald hereinbrechende Unheil.
Der ursprüngliche deutsche Plan war es gewesen, mit den zunächst be-reiten 6 Korps der I. und II. Armee die Saarlinie zwischen Merzig undSaargemünd zu überschreiten und über den noch unfertigen Feind herzu-fallen, während die anderen Korps folgten. Die III. Armee sollte ge-trennt davon den im Elsaß sich sammelnden Gegner südlich zurücktreiben,um dann rechts zu schwenken und sich der Bewegung jener beiden andernHeere anzuschließen.