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2 (1914) Im Zeitalter Kaiser Wilhelms des Siegreichen
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VIII, Der Krieg von 1870/71

Nun blieb noch der Geißberg übrig. Pelle hielt ihn eine Zeitlang undzog dann nach Lembach ins Gebirge ab, geschützt durch die Verteidigerdes Schlosses, 200 brave Infanteristen. Hof und Gebäude, solide gebaut,von hoher starker Mauer umgeben, widerstanden lange dem deutschen Feuer.Die den Abhang emporstürmenden Bataillone vom ö. und 11. Korpshatten schwere Verluste. Das Königsgrenadierregiment büßte 10 tote,13 verwundete Offiziere im kurzen Kampfe ein. Es gelang schließlich, inden Hof vorzudringen, aber nicht die Gebäude in Brand zu stecken. Erstein überwältigendes Artilleriefcuer zwang die Besatzung zur Waffenstreckung.Sie hatte die abziehenden Trümmer der geschlagenen Division gerettet.

Im ganzen ließ diese 1000 Gefangene, ihr Zeltlager und ihren Troßin den Händen der Sieger, die ihren Erfolg mit der Einbuße von 91 Offi-zieren, 1460 Mann bezahlten. Der Verlust des Feindes an Toten undVerwundeten ist nicht mit Sicherheit festgestellt.

Eine Verfolgung blieb aus. Nur das 4. Dragonerregiment ging nochbis Sulz vor. Im übrigen blieb die Armee in und um Weißenburg, dasaus den Badensern und Württembergern gebildete Korps Werder bei Lau-terburg im Rheintale. Das nachgekommene 6. begann eben in Landau seine Ausschiffung.

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Der Kanonendonner von Weißenburg und General Douays Tod warender letzte Warnungsruf für die bedrohte französische Armee. Der Rück-zug von der Grenze wäre noch möglich und wohl das Weiseste gewesen,was sich im Augenblick tun ließ. Aber er hätte in ganz Frankreich einenSturm der Entrüstung hervorgerufen, den Kaiser und seine Dynastie umden Thron gebracht, die Marschälle um ihre Stellung, die Armee umihren Ruhm, Frankreich aber um sein politisches Ansehen und den letztenNest von Hoffnung, die schwankenden Verbündeten mit sich fortzureißen.Man konnte ohne entscheidende Kämpfe nicht weichen; das Schicksal gingseinen Gang, und der von schwerem Leiden geplagte Kaiser ließ es miteiner Apathie über sich ergehen, die ihm in jüngeren Jahren oft geholfen,die Krisen seines bewegten Lebens zu überwinden.

Noch immer bestand kein fester Plan im Metzer Hauptquartier, in demdie Ratlosigkeit und Verwirrung täglich deutlicher hervortraten. Esschwankte zwischen Angriffs- und Verteidigungsplänen. Unnötige Hin-und Herschiebungen verdrossen und ermüdeten die Truppen; der Mangelwurde fühlbarer. Auch weiterhin blieb die Armee in ihre zwei großenGruppen getrennt. Selbst nach dem Eingang der Hiobspost von Weißen-