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Der Marschall kannte die ziffernmäßige Überlegenheit der Deutschen wohl, war jedoch voll Hoffnung auf einen Sieg. Er rechnete, trotz Weißen-burg, auf die Kriegstüchtigkeit seiner meist von ihm selbst in Afrika er-zogenen Truppen und auf sein Kriegsglück. Der Ausgang der Vormit-tagskämpfe schien ihm recht zu geben. —
Der Kronprinz von Preußen, nicht wissend, daß fein Befehl zumEinstellen des Kampfes sich verirrt habe, war erstaunt, in seinem Haupt-quartier Sulz das Anschwellen des Feuers zu hören und eilte auf denKampfplatz hinaus. Obwohl sich die Dinge anders gestaltet hatten, alser wollte, hieß er sie doch sofort gut, rechnete, wie es der Oberbefehls-haber oft tun muß, mit den vollendeten Tatsachen und übernahm selbstdie Leitung des Kampfes. Er beauftragte das 1. bayerische Korps, Tann ,das bei Jngolsheim hinter der Armee gelagert hatte, sich zwischen dasS. preußische und das 2. bayerische Korps einzuschieben, und dieses wieder,weiter rechts auszuholen, um, wenn möglich, in den Rücken des Feindeszu gelangen. Die württembergische Division sollte auf Gunstett mar-schieren. Die badische, auf deren Mitwirkung man wegen der großen Ent-fernung nicht gerechnet hatte, machte sich trotzdem aus eigenem Antriebeauf den Weg. So wurde durch Befehle von oben her und freudige Initia-tive von unten völlige Einheitlichkeit der Handlung gewährleistet.
General v. d. Tann war bereits unterwegs gegen das hochgelegene,weithin sichtbare Froeschwiller, das er zum Ziel nahm. Der Angriff wurdeallgemein erneuert.
Dem S. Korps gelang es erst nach schweren Kämpfen, den kahlen Berg-vorsprung am rechten Uferrande zwischen Wörth und Spachbach zu nehmen,auch Artillerie hinaufzubringen und sich um 2 Uhr nachmittags gegeneinen starken Gegenangriff der Franzosen zu behaupten. Nunmehr hieltGeneral v. Kirchbach den Augenblick zum allgemeinen Sturm auf den ihmgegenüberliegenden Höhenrand für gekommen. Seine brave Infanterie, von1866 her in hohem Ansehen, mußte unter wütendem feindlichen Feuerund großen Verlusten erst über den Wiesengrund, der keinen Schutz bot,hinwegschreiten, um dann die steilen Berghänge gegen Froeschwiller zuerklimmen. Der kommandierende General führte persönlich eine Pionier-kompagnie vor. Es gelang wohl, den Höhenrand zu gewinnen; auf dervon Chassepotgeschossen überfluteten Hochfläche aber konnten die Schützensich nur Schritt für Schritt vorwärts arbeiten. Der größte Teil der Offi-ziere lag bereits tot oder verwundet auf dem Kampfplatze. —
Die nächste Hilfe in dieser bedrängten Lage kam vom 11. Korps. Esging über Spachbach, Gunstett und umfassend über Morsbronn gegen den
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