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VIII. Der Krieg von 1870/71
schöpfen. Die Verluste hatten schon eine früher ungeahnte Höhe erreicht,und das Feuer wütete fort. Eine Entlastung mußte ihr zuteil werden,noch ehe das 10. Korps erschien. Es war aber nur Kavallerie zur Stelle.Zwei Brigaden der S. Division hatten sich zum Schutz des äußerstenlinken Flügels nach Norden in Bewegung gesetzt, die Brigade Bredow da-gegen stand noch bei Tronville bereit. Der glänzende Neiterangriff der7. Kürassiere und 16. Ulanen begann. Es waren nur 8 Schwadronen,von denen zwei zur Sicherung nach Norden hin entsendet wurden, wäh-rend die übrigen sechs zwischen der Römerstraße und der RezonvillerChaussee in den Feuerstrom hineinstürmten. Die französische Infanteriewurde überritten. Alle Gewehre richteten sich gegen die tollkühnen An-greifer, die tief in die feindliche Stellung bis nördlich Rezonville hinein-stürmten.
Dort wendete sich auch die französische Kavallerie gegen sie. Nichtweniger als 7 Regimenter warfen sich nach und nach auf die wenigen,schon halb zusammengeschossenen Schwadronen. Nur Trümmer kehrtenzurück und bildeten sich zu 2 schwachen Eskadrons unter dem Schutz derpreußischen Schlachtlinie. Aber ihr Opfermut war nicht umsonst gewesen.Marschall Canrobert, der sich eben anschickte, zu einem gewaltigen Angriffgegen die dünne preußische Linie vorzugehen, nahm von seinem Vor-haben Abstand. Sein Stoß hätte den gefährdeten linken Flügel getroffenund wäre vielleicht verhängnisvoll geworden. Das ward abgewendet. Für1 ^/.z Stunden trat eine verhältnismäßige Ruhe in der vordersten Linie ein.
Als die Frauzosen sich daun gegen die Tronviller Büsche in Bewegungsetzten, hatten die Verhältnisse sich geändert. Zwar drängten sie noch diedort erschienene Kavallerie zurück und zwangen auch vier stark gelichteteBataillone der 6. Division, die zäh um jeden Fußbreit Boden rangen,zum Weichen durch die Büsche nach Dorf Tronville. Dort aber fandensie jetzt schon Aufnahme durch das 10. Korps. Nahe au 7 Stunden hatteder Kampf gedauert, als diese Hilfe erschien, und doch hörte man in denReihen der Brandenburger vom 3. Korps Äußerungen des Bedauerns,daß es ihuen nicht vergönnt gewesen sei, den harten Strauß allein aus-zufechteu. Dies hätte freilich uicht in ihrer Macht gestanden. Es warZeit, daß General v. Vvigts-Rhetz kam.
Er hatte am Morgen schou in seinen Anordnungen Bedacht auf dieNotwendigkeit genommen, von seinem Marschziele nach rechts hin abzu-weichen, um dem 3. Armeekorps Hilfe zu bringen. Dann war er selbstnach dem Schlachtfelde geritten, hatte den ernsten Stand der Dinge er-kannt und die Befehle zum Herankommen an sein Korps gegeben. Die