Katastrophe auf dem linken preußischen Flügel
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sich die wenigen preußischen Bataillone der auf der Höhe hinter der zweitenMulde entwickelten französischen Division Grenier gegenüber, hinter dernoch die Division Cissey und starke Kavallerie als Rückhalt standen. Einrasendes Schnellfeuer auf kurze Entfernung empfing die Angreifer. Diemehrfache Übermacht zu werfen, war unmöglich. Der Angriff scheiterteunter außerordentlichen Verlusten. Die Brigade mußte zurück. Etwa300 Mann, vom weiten und schnellen Anmarsch aufs äußerste erschöpft,waren nicht mehr imstande, den rückwärtigen steilen Rand der nächstenSchlucht zu ersteigen, und fielen in Feindes Hand. Von 9S Offizieren,4S46 Mann blieben 72 Offiziere, 2542 Mann auf der Wahlstatt. DieTrümmer fluteten auf Tronville zurück. Glücklicherweise wurden die Ver-folger durch den rücksichtslosen Angriff einer in der Nähe befindlichenGardedragonerschwadron aufgehalten.
Der Feind verkannte die Größe seines Erfolges und nutzte ihn nichtaus. Wohl setzte die französische Reiterei, die Division Lcgrand und dieBrigade de France, zum Nachhauen an, aber schon waren ihr der größereTeil der S. preußischen Kavalleriedivision und die Gardedragoner gegen-über, und es entspann sich bei Ville-sur-Iron nunmehr das größte Reiter-gefecht des Krieges. Die höhere Tüchtigkeit der unseren trug den Siegdavon. Allmählich zog sich das vom Staub verhüllte Getümmel nachNorden. Dort fanden die Franzosen Anlehnung an ihre Infanterie, wäh-rend die preußischen Reitergeschwader vor deren Feuer langsam nachMars-la-Tour zurückkehrten, um sich dort zu sammeln.
Die Schlachtlinie veränderte sich. Nach der Niederlage der 38. Bri-gade mußten auch die Tronviller Büsche geräumt werden. Der linkeFlügel bog sich auf Dorf Tronville zurück. Dieses wurde nunmehr zumvordersten Stützpunkt. Prinz Friedrich Karl , der die Vorgänge bei Mars-la-Tour zwar nicht bis zum Ende hatte verfolgen können, aber aus demPlötzlichen Abreißen des heulenden Schnellfeuers und dem ZurückkehrenVersprengter schnell erkannte, was vorgegangen war, schwankte dennochnicht einen Augenblick in seinem Entschluß und in seiner Hoffnung aufden Sieg. Er sandte dem ihm von früher persönlich bekannten Generalv. Düringshofen, den er bei Tronville wußte, den bestimmten Befehl, dasDorf unter allen Umständen zu halten. Den Vorschlag des Generalv. Stichle, die allein noch verfügbare 6. Kavalleriedivision den Franzosenbei Mars-la-Tour entgegenzuwerfen, damit sie nicht auf den Gedankenkämen, „gesiegt zu haben", wies er dagegen zurück. Diese Division sollteden letzten Schlag führen. „Noch eine Stunde an dieser Stelle, und wirhaben einen regelrechten Sieg errungen!" Der Schlußakt sollte bald erfolgen.