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2 (1914) Im Zeitalter Kaiser Wilhelms des Siegreichen
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VIII. Der Krieg von 1870/71

Die Kräfte der Truppen waren erschöpft, ihre Munition zum großenTeil verschossen, die Pferde seit 15 Stunden unter dem Sattel und ohneFutter. Ein Teil der Batterien konnte sich nur noch im Schritt bewegenund das nächste Korps am linken Ufer der Mosel , das 12., stand übereinen Tagemarsch entfernt." So war die Lage, und dennoch änderte sienichts an des Prinzen Haltung. Um 7 Uhr abends ergingen an alle inder Nähe befindlichen Truppen die Befehle, noch einmal mit letzten Kräftenvorzugehen; der sinkende Tag sollte sie in der Haltung des Siegers an-treffen. Willig wurde des Prinzen Wort überall von den Seinen auf-genommen. Die Kräfte der Infanterie waren freilich zu Ende, nur ein-zelne schwache Abteilungen trugen sich mühsam vorwärts. Die Artillerieaber brachte ihre Geschütze noch auf die Höhe südwestlich von Rezonvilleglücklich hinüber und feuerte von hier aus die letzten Schüsse.

Dann erschien die bis dahin aufgesparte 6. Kavalleriedivision auf derSzene. Sie erhielt vom Prinzen den Befehl, sich strahlenförmig ausein-anderzuziehen und in der allgemeinen Richtung auf Rezonville anzugreifen.Es dunkelte bereits, als dies geschah. Die Brigade Grüter ging südlich,die Brigade Ranch, die statt des schwer verwundeten Kommandeurs Oberstv. Schmidt, der später so bekannte Reitergeneral, führte, nördlich derChaussee vor. Zeitlich trennten sich die Angriffe der beiden Brigaden,so daß von zwei verschiedenen Attacken gesprochen worden ist. Doch fielensie dem Zweck nach zusammen. General v. Grüter ging mit seinenSchwadronen gegen den Höhenrand vor, der von Rezonville sich südlichzum Walde von St. Arnould hinabzieht. Geschlossene feindliche Linien angeblich hinter einer Mauer wurden dort, jetzt schon schwer er-kennbar, entdeckt. Das aufblitzende Feuer verriet sie fast allein noch. Inder Tat war dort die französische Garde hinter einer Erdwelle entwickelt,neben ihr ein Teil der Brigade Lapasset. Ihr Schnellfeuer machte dieDurchführung des Angriffs unmöglich. Doch fesselte die Brigade den Feindan seine Stelle und kehrte dann in der Dunkelheit zu den preußischenLinien zurück. Ihr braver Führer war tödlich verwundet vom Pferdegesunken. Die Brigade Schmidt, der sich 2^ Schwadronen 9. Dragoneranschlössen, so daß im ganzen 10^ Eskadron attackierten, hatte eingünstigeres Geschick. Nördlich an dem brennenden Flavigny vorbei über-schritt sie die Chaussee, ging durch heftig feuernde Schützenlinien der6. Infanteriedivision hindurch, scheuchte feindliche Kavallerie zurück, welchediese eben bedroht hatte, und erhielt bald darauf den Angriffsbefehl desPrinzen. Ohne Besinnen warf sie sich nunmehr auf die französische In-fanterie, von dieser anfänglich für eigene Reiterei gehalten, und durchbrach