22 I- Die Heere nach dem Befreiungskriege
kunstvolle Zusammenziehen zu diesen, war bestimmt, immer zur normalenReihenfolge der Züge im Bataillon zurückzuführen, die 1812 schon alsetwas Gleichgültiges angesehen worden war. Dafür zählte dies neue Regle-ment auch an hundert Seiten mehr und seine Beherrschung erforderte vielgrößeren Fleiß und ein viel geübteres Gedächtnis.
Nur zwei Fortschritte enthielt es gegenüber der alten Zeit. Es schaffteden langsamen Marsch von 75 Schritt in der Minute ab und zerlegtedas Bataillon, was früher nur bei den Füsilierbataillonen stattgefundenhatte, in seine vier Kompagniekolonnen, über deren Aufstellung keine festenRegeln, sondern jedesmal die Umstände und der Gefechtszweck entscheidensollten.
Der Geist mühevoller aber einseitiger und gedankenloser Nachahmungmit den schädlichen Folgen, die er stets zeitigt, begann sich, wie um dieWende des damals verflossenen Jahrhunderts so auch jetzt, bei den Führerngeltend zu machen; doch hat es zum Glücke für das Vaterland nicht wiedereiner vernichtenden Niederlage bedurft, um sie aus der Hypnose zu er-wecken. Zur rechten Stunde traten große Männer und Erzieher auf,welche die Notwendigkeit der Wiederbelebung klar erkannten und trotz demzähen Widerstande, der ihnen geleistet wurde, unbeirrt durchführten, wassie einmal für richtig erkannt hatten.
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Eine Erstarrung im dienstlichen Leben des Heeres ist immer nur denk-bar, wenn auch das soziale sich in einem ähnlichen Zustande befindet.Das traf hier zu. Die entsetzliche Finanznot des Staates drückte auf diegesellschaftliche Lage des Offizierkorps. Der Leutnant begann mit einemGehalt von 16 Talern, 22 Silbergroschen und 6 Pfennigen, wovon ihmder Mittagstisch 5 Taler oder 5 Taler 15 Silbergroschen vorwegnahm,so daß ihm nur wenig über 10 Taler für die gesamte übrige standes-gemäße Lebensführung verblieben. Von einer Teilnahme an der großenGeselligkeit konnte da nicht viel die Rede sein. Die Zahl der „Visiten-macher" war sehr gering, dagegen die der sogenannten „Vierundzwanzig-stündler", die sich tags nur einmal im Kasino ordentlich satt aßen, um sogrößer. Das Leben des Offiziers spann sich, wie in alter Zeit, in denfreien Stunden meist auf der Wachtstube und dort am Kartentische ab.Dienstliche Ausflüge, Reisen ins Ausland, Bekanntschaft mit fremden Armeengehörten zu den äußersten Seltenheiten. Sie standen nur Begüterten offen,und deren Zahl war bei der allgemeinen Verarmung der höheren Ständeganz gering. Geistige Anregung gab es wenig. Regimentsbibliotheken