Das Reglement von 1847. Dürftiges Leben
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waren noch ein unbekanntes Ding. Nur die für die wissenschaftliche Vor-bereitung zum Offizierexamen bestimmten Divisionsschulen besaßen der-gleichen. Auch von militärwissenschaftlichen Konferenzen, Vorträgen, Kriegs-spielen, Übungsritten und Generalstabsreisen war keine Rede. Mit derPflege der Kriegskunst hatte es vor dem Unglück von 1806 ganz an-ders ausgesehen und eher Überfluß als Mangel geherrscht. Alles, wasauch nur ein wenig Geld kostete, unterblieb grundsätzlich.
Der Wachtdienst und die Wachtvaraden spielten eine große Rolle imLeben des Offiziers. Die Erlangung eines der wenigen Kommandos außer-halb der Front, wie das zu einer der Strafanstalten, welche Wachtkom-mandos erforderten, galt für ein großes Ereignis. Es entrückte den jungenOffizier für eine Zeitlang der Gewitterschwüle, die für gewöhnlich unterwetternden Vorgesetzten über ihm lagerte, gewährte ihm einige Freiheitund die ersehnte Selbständigkeit. Dazu kamen noch die spärlichen Ent-sendungen zu den Lehranstalten der Armee. Alles das erreichten aber nurdie Bevorzugten.
Das Dasein des Offizierstandes charakterisiert sich durch die Dürftigkeitdes verarmten Edelmannes. Von einem fehr bekannten General, der esnoch bis zum Korpskommandeur brachte, wird uns berichtet, daß er alsLeutnant seinen Kanarienvogel abschaffte, weil dessen Futter ihm zu teuerwurde. Manche Anekdote berichtet von den verwegenen Finanzoperationen,mit denen die Ritter in zweierlei Tuch sich schlecht und recht durchhalfen.
Auch ihrem Ehrgeiz winkte wenig Befriedigung. Das Avancement littunter absoluter Windstille. Die höheren Führer waren mit wenig Aus-nahmen noch in verhältnismäßig jungen Lebensjahren aus den Kriegenzurückgekehrt. Sie hatten sich auf den Schlachtfeldern Verdienste erworben.Man beließ sie daher auf ihrem Posten. Verabschiedungen, nur um Platzfür jüngere Leute zu schaffen, lagen König Friedrich Wilhelms ökono-mischem Sinne ganz fern. Ihm war alles darum zu tun, daß die Ord-nung der nach dem Kriege in trostlosem Zustande befindlichen Finanzendes Staates ermöglicht und dessen gesunkener Kredit wieder gehoben würde.Die Unordnung in der staatlichen Geldwirtschaft hielt er für die Quellealler revolutionären Regungen; auch lastete hemmend auf ihm das alteVersprechen, bei der Aufnahme neuer Staatsschulden eine Volksvertretungbefragen zu wollen.
Bei eiserner Sparsamkeit und allmählicher Verbesserung der Steuerver-waltung gelangte er freilich ans Ziel. Aber inzwischen war es dahin ge-kommen, daß verdiente Offiziere zwanzig Jahre und mehr auf die beschei-densten Beförderungen warten mußten, und daß hohe Befehlshaber 10, 12,