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I. Die Heere nach dem Befreiungskriege
arbeitet wurde, und zu erstaunlichen Entdeckungen führte. Es stellte sichbei den Berechnungen heraus, daß zahlreiche nur ganz flüchtig, oder garnicht ausgebildete Mannschaften in die Truppenteile der Feldarmee ein-gestellt werden mußten, um diese auf den Kriegsfuß zu bringen. AlleBataillone der Landwehr I. Aufgebotes hatten mindestens ^/g solcher Mann-schaften in Reih und Glied, sehr viele die Hälfte und nicht wenige gardarüber hinaus. Trotzdem sollten sie sofort gemeinschaftlich mit der Liniegegen den Feind und aufs Schlachtfeld marschieren. Ihre Verwendbarkeiterregte um so mehr Zweifel, als dem Offizierkorps das nötige Ansehensowie die hinreichende Erfahrung fehlte und die Führung den absolutschwächsten Teil der Landwehrorganisation bildete. Gleichzeitig wurde einObservationskorps aus Linientruppen an der Westgrenze zusammengezogen,und der Ausmarsch offenbarte eine Reihe von Mängeln der kriegsmäßigenRüstung. Auch der Linie fehlte es an der hinreichenden Zahl ausgebil-deter Wehrmänner. Da zugleich die polnischen Grenzen überwacht werdenmußten, so wurde es unmöglich, die Landwehr von diesem Dienste freizu-halten. Der aktive Heeresstand war zu schwach, um auch nur im Friedenalle an ihn herantretenden Forderungen erfüllen zu können. Stimmenbegannen laut zu werden, welche eine ernsthafte Reform des Heeres fürnotwendig erklärten, wenn dieses schlagfertig bleiben sollte.
Auch König Friedrich Wilhelm HI. war schon einmal dazu entschlossengewesen und hatte beabsichtigt, seinen zweiten Sohn, den Prinzen Wilhelm,zu dessen militärischer Einsicht er früh großes Vertrauen gefaßt hatte, mitder Ausführung zu betrauen. Ein Unfall, der dem jungen Königssohn ausder Jagd zustieß, und der ihn zeitweise dienstunfähig machte, verhindertedie Verwirklichung. Der König verlor den Glauben an den Nutzen einerÄnderung und wurde unschlüssig. Der gute Ausfall der Königsrevue von1827 bestärkte ihn wieder in seiner Neigung, es bei dem bestehenden Zu-stande zu lassen. Jetzt, nach den letzten Erfahrungen, wurde entschieden,die Bataillone im Frieden wieder auf den ihnen ursprünglich bestimmtenStand von 673 Köpfen zu bringen, damit sie mehr Leute zur Ausbildungaufnehmen konnten, und das Institut der Landwehrrekruten und der Kriegs-reserverekruten fallen zu lassen. Allein die allmächtigen finanziellen Be-denken machten sich bald wieder geltend. Die Vermehrung des Aufwandesfür das Heer hätte dauernd 2 Millionen Taler betragen und der Finanz-minister erklärte, diese nicht aufbringen zu können. Schon 1833 wurdeder Stand daher abermals auf 522 Köpfe herabgesetzt, dafür aber, umdie hinreichende Zahl von Soldaten für die Kriegsvermehrung zu gewinnen,die zweijährige Dienstzeit eingeführt. — Vergeblich hatte Prinz Wilhelm,