Erneuerung der alten Bundesverfassung
143
mühungen, einen weiteren oder engeren Bundesstaat herzustellen, erließ diekaiserliche Regierung am 26. April 1850 eine Einladung an alle ehe-maligen Bundesglieder, angeblich zur Beratung der Bundesreform, tat-sächlich behufs Erneuerung der alten Bundesverfassung mit unwesentlichenÄnderungen. Dreizehn Staaten leisteten Folge, darunter auch Dänemark für Holstein-Lauenburg , obschon der Wiederausbruch des Krieges gegen dieHerzogtümer vor der Tür stand.
Preußen antwortete in einer ausführlichen Denkschrift gegen die Wieder-herstellung des Bundestags. Aber die Zeit für unfruchtbaren Meinungs-austausch war vorüber. „Es kam jetzt nicht auf Recht oder Unrecht, son-dern auf Macht oder Ohnmacht an, und man fühlte in ganz Deutschland ,daß Österreich zur Durchführung seiner Pläne nötigenfalls zu den Waffengreifen könne, Preußen seine Sache aber nur mit Worten und auf demPapier verteidigen werde."
Die 13 zu Frankfurt vertretenen Regierungen schritten schnell mit ent-scheidenden Entschlüssen vorwärts; von der Union hörte man nichts. Sieverlor in Deutschland mehr und mehr an Ansehen. Österreich trat immerschroffer gegen Preußen auf und versammelte in der Stille seine Truppenin Böhmen .
Die Entscheidung brachte ein an sich unbedeutendes Ereignis, der Ver-fassungsstreit in Kurhessen. Kurfürst Friedrich Wilhelm hatte nur mitWiderstreben seiner Regierung eine liberale Richtung gegeben und 1849einem freisinnigen Wahlgesetz zugestimmt. Unterstützt durch seinen ver-schlagenen und verwegenen Minister Hassenpflug lenkte er 1850 in dasalte Fahrwasser zurück und versuchte, den Widerstand im eigenen Landemit Gewalt niederzudrücken. Es kam zur Steuerverweigerung, dem pas-siven Widerstand und der Verhängung des Kriegszustandes. Das Ein-schreiten Preußens war zu befürchten, ebenso sicher aber auf Österreichs Beistand zu rechnen.
Österreich zählte seinerseits auf Rußland , mit dem es sich im vorausverständigte. Die deutsche Uneinigkeit, das alte nationale Erbübel, steigertein logischer Folge den Einfluß der Fremden auf seine innere Entwicklung,und dieser Einfluß wird nie ein anderes Ziel kennen als unseres Vater-landes politische Schwäche, die auch Österreich damals genehm war.
Kaiser Nikolaus I. von Rußland erschien in der zweiten Hälfte desJuni in Warschau und beide deutsche Vormächte erkannten ihn süll-schweigend als Schiedsrichter an. Er sah in Preußens Vorgehen nureine Hinneigung zu den von der revolutionären Bewegung der letztenJahre vertretenen Ideen und riet Österreich zur Wiedereröffnung des alten