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III. Die Zeit des Stillstandes
ausgerückt. Mehrfach hatte man, unter dem Drucke der Not, ihre Ver-bände gelöst und sie bunt zusammengewürfelt, wie sie gerade bereitgestelltwerden konnten, ein regelmäßiger Verlauf der Mobilmachung war un-möglich.
Graf Brandenburg kehrte mit der Überzeugung von der Notwendigkeiteiner friedlichen Lösung nach Berlin zurück, starb aber unerwartet, ehe ersie nach seinem Sinn durchführen konnte, so daß die Schwankungen undVerzögerungen fortdauerten. Kam es aber auch noch zum Einrücken inHessen und zur Besetzung der Preußen zustehenden Etappenstraßen durchdas Kurfürstentum, da die Bayern von Süden die Grenze wirklich über-schritten, ja zu der am 5. November abends befohlenen und von allge-meinem Jubel begrüßten Mobilmachung der preußischen Armee, so wurdedoch der Entschluß, die Geschicke Deutschlands diesmal zu entscheiden, nichtgefaßt. Die kriegerische Rüstung hatte mehr die Bestimmung, den ins-geheim schon ersehnten Rückzug als einen freiwilligen, nicht erzwungenen,erscheinen zu lassen. Nach aufregendem diplomatischem Hin und Her ent-schied sich der König dafür, den an Brandenburgs Stelle getretenen Minister-präsidenten v. Manteuffel zu einer im kritischen Augenblicke vereinbartenpersönlichen Verhandlung mit dem Fürsten Schwarzenberg nach Olmütz zuentsenden. Am 29. November 1L50 fügte sich Preußen dort im wesent-lichen den Wünschen Österreichs .
Die Union wurde aufgegeben, die Bundesexekution in Hessen zugelassen,Holstein preisgegeben und leider auch, voreilig wie einst im Winter zu1806, die Armee wieder auf den Friedensfuß gesetzt, während Österreich und seine deutschen Bundesgenossen halbgerüstet blieben. Der König empfandes als eine Genugtuung, daß, seinen Wünschen gemäß, die endgültige Ord-nung der hessischen, der holsteinischen Frage und der Bundesreform freienKonferenzen, nicht dem verhaßten Bundestage vorbehalten sein sollten.Im Volk und Heer aber griff tiefe Niedergeschlagenheit Platz. Man empfandden Ausgang als eine schwere Niederlage, als das Ende stolzer Träume,als einen Verzicht auf Preußens künftige Größe und Vormachtstellung.Daß man an Österreichs Seite für die dänische Unterdrückung in Holsteinnnd für die Zurückführung der alten Wirtschaft in Kurhessen eintretendurfte, statt dies saubere Geschäft dem Bunde, zu überlassen, empfandniemand als einen Erfolg. „Aus tausend Stimmen erscholl der zornigeSchmerzensruf, zum zweiten Male sei das Werk Friedrichs des Großenvernichtet worden."
Diese allgemeine Empfindung ist für damals erklärlich. Heute mußman anders urteilen. Gewiß war die preußische Politik jener Zeit schwan-