Druckschrift 
2 (1914) Im Zeitalter Kaiser Wilhelms des Siegreichen
Entstehung
Seite
161
Einzelbild herunterladen
 
  

Der Italienische Krieg 1859. Aufmarsch

161

seine Truppen in Venetien und der Lombardei . Beide Provinzen wur-den unter Kriegsgesetz gestellt. Sardinien rüstete und persammelte seineKräfte, Freischaren wurden geworben. Frankreich zog eine Armee anden Alpen zusammen. Die von Anbeginn wenig aussichtsvollen Vermitt-lungsversuche der anderen Großmächte schlugen fehl.

Im Monat April 1859 waren die Dinge soweit gekommen, daß der seitNapoleons Neujahrsempfang befürchtete Krieg unvermeidlich wurde. Am23. ließ Buol Schauenstein dem Grafen Cavour in Turin die ForderungenÖsterreichs bekanntgeben, die diesem nur die Wahl zwischen Entwaffnungund Krieg ließen. Sie blieben unbeantwortet. Frankreich erklärte, dieÜberschreitung des Tessin durch die österreichischen Truppen als eine Kriegs-handlung ansehen zu müssen. Am 29. April trat dies Ereignis ein, undein Kampf begann, der an Folgen schwerer war, als der Krimkrieg.

Zunächst bestätigte sich die alte Erfahrung, daß eine politisch nicht glück-lich eingeleitete kriegerische Handlung meist auch unter militärisch ungünstigenVerhältnissen beginnt.

Der Versuch Österreichs , den Krieg zu einer Angelegenheit des Deut-schen Bundes zu machen, dabei aber Preußen keinerlei Vorrang zu lassen,hatte es herbeigeführt, daß die Mehrzahl der Truppen für die Verwen-dung am Rhein zurückgehalten worden waren. In Italien wurde nureine schwächere Armee bereitgestellt. Nun begann aber gerade dort derKampf, und zwar zunächst nur dort und entscheidend.Fehler in derursprünglichen Versammlung der Streitkräfte sind im ganzen Verlaufe derFeldzüge kaum wieder gut zu machen." Beim heutigen Stande des Eisen-bahnwesens kann dies noch eher gelingen, als damals, wo nicht nur diehinreichenden Mittel und Wege dafür nicht vorhanden waren, sondern auchdie Übung im schnellen Versetzen großer Truppenmassen durch Eisenbahn-transporte gänzlich fehlte.

In Italien stand nur die II. Armee, aus 5 Korps, dem 2. 3. ö. 7. 8.,einer Reservcdivision, und einer Kavalleriedivision gebildet, rund 150 000Mann stark, von denen jedoch 40 000 auf Festungsbesatzungen entfielen.So waren nicht mehr als 110 000 Mann Feldtruppen mit 364 Geschützenbereit, den Kampf gegen diejenige Militärmacht aufzunehmen, die man seitdem Krimkriege als die militärisch stärkste in Europa ansah. Die An-spannung entsprach der zu lösenden Aufgabe also nicht. Dazu kam eineunglückliche Wahl des Oberbefehlshabers. Die Volksstimme in Österreich hatte für diesen Posten den Generalstabschef, Feldzeugmeister Heß, Nadetz-kys bewährten Gehilfen, als den gegebenen Mann bezeichnet. Statt dessenwurde ein österreichisch gesinnter ungarischer Magnat, Feldzeugmeister Graf

Frhr. v. d. Goltz , Kriegsgeschichte II 11