Die Österreicher in der Lomellina
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Absicht war es, die Gegner am Po anzugreifen. Ursprünglich solltedies auf dem Südufer geschehen und der Feind bei Alessandria in derrechten Flanke gefaßt werden, um ihn von der von Genua kommendenfranzösischen Hilfe zu trennen. Ohne Zweifel ein kühner aber auch Er-folg versprechender Plan. Gerüchte, daß die Franzosen bereits bei Noviständen, ließen ihn aufgeben und ein mehr frontales Vorgehen gegenValenza und das 8 km unterhalb davon am Po gelegene Bassignana wählen.
Am 3. Mai sollte die unbesetzte und unbefestigt gelassene Eisenbahn-brücke bei Valenza genommen, an zwei anderen Stellen der Po überbrücktwerden, die Armee ihren Übergang vollziehen und am 4. Mai die aufden Höhen von San Salvatore vermutete Hauptmacht des Feindes an-greifen. Noch immer war die Gelegenheit günstig. Von den Franzosenbefand sich um diese Zeit das 3. Korps, das von Turin auf der Eisen-bahn herangezogen wurde, zwischen dieser Stadt und Alessandria, das1. bei Serravalle, das 2. bei Gavi. Das 4. traf erst bei Turin ein unddie Garde stand noch bei Genua . Nur die drei zuerst genannten konntenin den nächsten Tagen mit Teilen ihrer Kräfte zugunsten Sardiniens eingreifen, die beiden andern überhaupt nicht.
Allein Graf Gyulai war nur halben Herzens an das Unternehmengegangen. Er hielt seine Armee für eine Offensive zu schwach, glaubtesich bis zum Herankommen einer andern österreichischen Armee auf dieVerteidigung beschränken zu sollen und nahm eine ihm aus Wien zuge-sandte Nachricht, welche Stärke und Nähe der Franzosen übertrieb, zumAnlaß, dem eigenen geheimen Wunsche zu folgen und den Angriff gegenden Rat seines Stabschefs Kühn zu unterlassen.
Die kritischen Tage für die Garden waren damit vorüber. Tatsächlichverfügten sie in ihrer Hauptstellung zwischen Alessandria, Valenza undCasale nur über 32000 Mann, da sie rechts noch die Anmarschwege derFranzosen von Genua, links an der, halbwegs zwischen Sesia und Turin in den Po fallenden, Dora baltea die Straße nach der Hauptstadt zudecken und bedeutende Bruchteile zu diesem Zwecke entsendet hatten. OhneZweisel wäre der Durchbruch gelungen und der Feldzug mit einem Er-folg für Österreich begonnen worden, wenn der Feldzeugmeister den erstenEntschluß festgehalten, aber auch ohne Zeitverlust durchgeführt hätte.
Am 4. Mai fand auf dem linken Flügel nur ein Erkundigungszweckendienender Übergang des 8. österreichischen Korps statt, das bis Castelnuovokam. Inzwischen ließen neuere Nachrichten das Armeeoberkommando nocheinmal den Entschluß zum Vorgehen fassen. Er sollte sich jedoch dies-mal nicht gegen die fardinische Stellung, sondern am Nordufer des Po
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