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2 (1914) Im Zeitalter Kaiser Wilhelms des Siegreichen
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Vorbereitende Tätigkeit des Prinzregenten

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Wünschen und Ansichten zuwider war. Er rechnete damit als mit einermöglichen Lösung, um mehr kräftige Leute auszubilden und die iu ihremWerte höchst zweifelhafte Einrichtung der Kriegsreserve- und Landwehr-rekruten zu beseitigen, freilich nicht ohne vor den Folgen einer zu kurzenDienstzeit zu warnen:Wir werden zwar eine Masse dressierter und exer-zierter Männer haben, aber keine Armee, die ein Soldatengeist belebt.Wer weiß, was wir uns dadurch einst bereiten."

So erscheint er damals schon als der treue Eckart des Volkes in Waffen,und er ist es geblieben bis an sein Lebensende. Das preußische Heer, dasdie Schlachten für Deutschlands Einigung schlug, war sein eigenstes Werk.

Jetzt, da er zur Macht gelangt war, und sich die vielleicht nicht wieder-kehrende Gelegenheit bot, zögerte er keinen Augenblick, seine Gedanken indie Tat umzusetzen. Ehe die Truppen wieder in die Heimat entlassenwurden, sollte der Grund zum neuen Zustande gelegt werden. Die Mo-bilmachung von 1859 hatte die alten Übelstände in der Wehrverfassungnochmals klar vor aller Augen aufgedeckt.

Trennung der Linie von der Landwehr, Ausscheiden der Landwehr ausder Feldarmee, Vermehrung der unter der Fahne befindlichen Regimentersoweit, daß alle Wehrpflichtigen und Wehrtüchtigen auch zum Dienstherangezogen werden könnten, und die allgemeine Wehrpflicht wieder zurTatsache wurde. Das waren die Grundlinien der Reorganisation, die nunbegann. Stärkung der Wehrkraft im ganzen und gleichmäßigere Ver-teilung der Lasten sowie Schonung des Landeswohlstandes durch Aus-scheiden der älteren verheirateten Männer aus der Feldarmee. Daswaren die augenscheinlichen Vorteile, die sie mit sich bringen mußte. Bis-her hatte jede Einberufung, zumal der Landwehr zweiten Aufgebots, demLande wirtschaftlich die tiefsten Wunden geschlagen; das sollte fortan ver-mieden werden.

Am 15. Juli 1859 entwarf der Prinzregent eigenhändig die leitendenBestimmungen für die Reorganisation, die durch zwei Kabinettsorders vom25. und 28. Juli begonnen wurde.

Bei der gleichzeitig damit befohlenen Demobilmachung der Armee wur-den die für den Krieg aufgestellten Ersatzbataillone aufgelöst, die Land-wehr entlassen, aber aus den Friedensstämmen der Landwehrinfanterie,aus abgegebenen Mannschaften der Linie und einigen Jahrgängen bei derFahne zurückbehaltener Reservisten neue Landwehrstammbataillone gebildet.Infanterie und Jäger blieben auf einer erhöhten Friedens-, die Kavallerieauf voller Kriegsstärke. Bei der Artillerie wurden für jedes Regimentdrei Fußabteilungen und eine reitende, zusammen zwölf Batterien nebst

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