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2 (1914) Im Zeitalter Kaiser Wilhelms des Siegreichen
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VII. Der Norddeutsche Bund

schon als unter Umständen allein entscheidend gewürdigt. Die Führer derSchützenschwärme, sollten, wenn sie mit dem Feinde angebunden hatten, aufeigene Verantwortung handeln und sich, sobald sie beim Feinde eineSchwäche bemerkten, dort im raschen Anlauf auf ihn stürzen, die zurückbefindlichen Abteilungen schnell folgen. Was der den jungen Offiziereninnewohnende energische Trieb schon 1866 hervorgebracht hatte, wurde jetztförmlich als zu Recht bestehend anerkannt.

Das Zerreißen der Verbände, wie sie nach der regelrechten Kriegsglie-derung bestanden, wurde als Übelstand empfunden; das Herausziehen derFüsilierbataillone zur Bildung von Avantgarden, was 1364 und 1866noch vielfach geschah, kam in Fortfall. Der Begriff der Reserveinfanterie,die schon beim Anmarsch ausgeschieden war, verschwand. Auch im Kampfesollten die Regimenter womöglich nicht gemischt werden, sie also im größerenTruppenkörper nicht hinter-, sondern nebeneinander verwendet werden.Daraus entstand der Begriff des Fechtens aus der Tiefe.Die Stärke,welche die Front der Infanterie durch die gesteigerte Feuerwirkung besitzt,weist den Angriff auf die Flanken."

Die Folge davon sind für den Verteidiger Sparsamkeit in der Front,starker Rückhalt gestaffelt hinter den Flügeln.

So gestaltete sich von nun an der Kampf.Aus der Stoßtaktik warFeuertaktik geworden."

Die verhältnismäßig größten Fortschritte machte die Feldartillerie nachder Durchführung der Neubewaffnung. Sie wurde losgelöst von demGedanken des erzwungenen Zweikampfes mit den Batterien des Feindes,und verwiesen auf die enge Gemeinschaft mit der Infanterie, auf die Vor-bereitung des entscheidenden Angriffs, die Abwehr des feindlichen Sturmes.Darin zumal kam das Zusammenwirken der Waffen zum Ausdruck. Eswar das unerwartete Neue im kommenden Kriege. Die Artillerie solltemit den anderen Truppen unbedingt ausharren, keine Batterien mehr zumErsatz der Munition zurückschicken, nicht willkürlich abfahren, sondern nur,wenn es der höhere Führer befahl.Es gibt Gefechtslagen, in welchenein unerschütterliches Ausharren der Artillerie bis zum letzten Augenblickgeboten und der dann mögliche Verlust der Geschütze nicht nur gerecht-fertigt, sondern ehrenvoll ist." Ein ausgezeichneter Generalinspekteur, Ge-neral von Hindersin, machte nach dem österreichischen Kriege diese Grund-sätze der Truppe schnell zu eigen, so daß sie 1870 schon auf bedeutenderHöhe stand. Auch die Lehre von der Massenverwendung wußte er ihreinzuimpfen.

Weniger wurde die Festungsartillerie gefördert. 1866 hatte ihr keine