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2 (1914) Im Zeitalter Kaiser Wilhelms des Siegreichen
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VIII. Der Krieg von 1370/71

den Fall von le Bourget ankündigen sollte. Dann kam die Nachricht vomungünstigen Stande des Gefechts und der Befehl, das große Unternehmenaufzugeben, das sich nunmehr in eine allgemeine Kanonade umwandelte,bis nachmittags die Franzosen das Gefechtsfeld räumten. Die Verlustehatten auf ihrer Seite 600 Mann, auf deutscher 400 betragen. 360 Ge-fangene verblieben außerdem den Siegern.

Auch die unterstützenden Scheinangriffe hatten keinen Erfolg gehabt.Vinoy war erst um Mittag am rechten Marneufer vorgegangen, als derKampf um le Bourget bereits entschieden war. Die sächsischen Vorpostenzogen sich vor ihm auf die Gefechtsstellungen zurück, die ernsthaft anzu-greifen nicht im Plan lag. Abends holte dann noch ein sächsischesBataillon, mit einem Verlust von nur 70 Mann, 600 Gefangene ausVille Evrart heraus.

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Paris war nunmehr seit drei Monaten eingeschlossen. Alle Voraus-sagen darüber, daß es sich wegen des notwendigerweise bald eintretenden Aus-falls an Nahrungsmitteln nur kurze Zeit werde halten können, hatten sichals hinfällig erwiesen. Das vorher im Schwange gewesene Schlagwort,es würde die Tore öffnen, wenn ihm für acht Tage die Morgenmilch ab-geschnitten wäre, zeigt lediglich den Mangel an Urteil und Erfahrung an.Dies hatte auch verzögernd auf die Belagerungs-Vorbereitungen gewirkt.Jetzt war man vollends unsicher, wie lange der bestehende Zustand nochfortdauern könne.

Die Besatzung griff, nach dem Scheitern der Versuche in offener Feld-schlacht durchzubrechen, zu einem andern Mittel. Mit dem Spaten inder Hand arbeitete sie sich gegen die Einschließungslinie vorwärts. Dasging langsamer, aber sicherer und war weniger verlustvoll. Im Südenwar sie auf diese Art bereits über Villejuif hinaus vorgedrungen. ImNorden entstand bei Drancy ein System von Laufgräben und Batterien,welches bis auf 1000 Meter an Le Bourget heranreichte. Der strengeFrost hinderte wohl zeitweise die Fortsetzung der Arbeit. Aber die Batte-rien wurden armiert und blieben besetzt. Im Laufe der Zeit konnte sodie Einschließung allmählich zurückgedrängt und mehr und mehr erschwertwerden. Das durfte man nicht dulden.

Einen vorzüglichen Stützpunkt für Selbstbefreiungsversuche gab der aufder Ostseite wie ein Keil zwischen die nördliche und südliche Einschließungvon Fort Rosny vorgeschobene Mont Avron im Marnetal ab, den dieFranzosen stark befestigt und mit 70 schweren Geschützen ausgestattet hatten.Er mußte vor allen Dingen bezwungen werden. Unter Aufbietung von