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VIII. Der Krieg von 1870/71
dazu mit der Bahn nach ClMon-sur-Saüne überführt werden. DerTransport begann am 21. Dezember. Das neugebildete 24. Korps, unterGeneral de Bressolles, wurde von Lyon nach Besanyon geschafft und zogdie dortige Garnison zum Teile an sich. Alle diese Truppen, sowie dieselbständige Division Cremer traten unter Bourbakis Befehl. Im Vereinmit der selbständig bleibenden Vogesenarmee Garibaldis sollte er zunächstDijon nehmen, dann Langres und Belfort entsetzen, die rückwärtigen Ver-bindungen der Deutschen durchschneiden, die Aufhebung der Belagerungaller Plätze im Norden erzwingen, um am Ende mit Faidherbe gemein-sam zu handeln. Er hatte also mit einer kanm marsch- und bewegungs-fähigen Armee einen gewaltigen Bogen durch halb Frankreich zu schlagen,dabei die bisher stets siegreichen Deutschen niederzuwerfen — und sie„entmutigt" über die Grenze zurückzutreiben. Was die aufgebotene undorganisierte Nationalkraft bisher nicht vermocht hatte, sollte jetzt durch einKunststück vollbracht werden.
Der ganze Entwurf trägt das Gepräge des Dilettantismus, der ingeistreich erdachten Plänen und überraschenden Erfindungen die sieghafteKraft sucht, nicht in dem Zusammenwirken von zweckmäßiger Führungund innerer Tüchtigkeit der Truppe. Wenn General Bourbaki zustimmte,so liegt die Vermutung nahe, daß ihn die Aussicht verlockte, den unver-meidlichen Zusammenstoß auf dem Schlachtfelde noch einige Zeit hinaus-geschoben zu sehen.
General v. Werder fühlte schon gegen Ende Dezember das Anwachsender französischen Streitkräfte vor seiner Front deutlich heraus. Durchden Preußischen Gesandten in Bern erhielt er die Nachricht über Truppen-transporte von Lyon nach Besan?on, dann eine andere, daß von Lyon25 000 Mann im Anmarsch zum Entsatz von Belfort seien. Am 27. ent-schloß er sich zum Abmärsche von Dijon und zur Versammlung aller seinerKräfte bei Vesoul .
Am S. Januar war diese Versammlung vollzogen. Es war aber auchdie höchste Zeit dazu. An demselben Tage stießen die aufklärenden Ab-teilungen bereits südlich und südwestlich der Stadt auf bedeutende feind-liche Kräfte. Nach den Aussagen von 500 Gefangenen ließ sich schließen,daß das 18. und 20., wahrscheinlich auch das 24., französische Korps vorder Front und im Anmarsch auf Vesoul seien. Er meldete hierüber andas große Hauptquartier.
Nun war es klar, daß Bourbaki sich nicht mehr an der Loire , sondernim Osten befände. Ganz neue allgemeine Anordnungen wurden notwendig,aber sie wurden auch von Moltke ohne jedes Zögern mit vernichtender