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VIII. Der Krieg von 1870/71
zurückscheuchen. Auch General v. Debschitz wehrte den Feind an der Allainemit leichter Mühe ab.
Bei der Natur des Kampfplatzes, bei der es sich außer auf dem äußerstenrechten Flügel der Deutschen immer nur darum handelte, Weg und Brückedurch das übersichtliche Flußtal unter dem Feuer der Deutschen zu über-schreiten, war die numerische Übermacht der Franzosen ohne entsprechendenNutzen; denn die einheitliche Verwendung großer Einheiten war ausge-schlossen. Ein tüchtiges und energisch geführtes Bataillon, das sich trotzallen Verlusten den Übergang erzwäng, den die Masse dann benutzte, hättedie Schlacht vielleicht entscheiden können; zehn oder zwanzig minderwertige,die mehrfach anliefen, um im Feuer wieder umzukehren, waren dazu un-fähig. Ja, sie hatten gar keinen Nutzen. Es war hier einer der Fällegegeben, wo selbst die größte Übermacht wirkungslos blieb. Auch unsererLandwehrleute bemächtigte sich in der richtigen Erkenntnis dieser Lage dasfesteste Vertrauen auf den Triumph der Verteidigung. An der Brückevon Hericourt richteten während des Kampfes Spaßvögel eine große War-nungstafel mit der Inschrift auf: „vst'ense äs passer«.
Nur auf dem nördlichen Flügel an der Straße Lure—Belfort wäredas Gewicht der Überzahl zu brauchen gewesen; dorthin hätte ein starkerlinker Flügel gehört, während in der Front verhältnismäßig schwacheKräfte die Verteidigung beschäftigen. Als Bourbaki die höheren Führernachmittags um 3 Uhr bei Chagey versammelte, wurde ein weiteres Aus-holen nach links und ein abermaliger Angriff erwogen. Es wurdenjedoch so viel Bedenken laut, daß es zu keinem Entschluß kam. Ob ernoch einen Erfolg hätte haben können, ist zweifelhaft, aber nicht aus-geschlossen.
Bourbaki , dem außerdem fortdauernd eine weit höhere numerische Stärkeseiner Gegner vorschwebte, wie die wirkliche, entschied sich für den Rückzug.Am 18. Januar stand seine Armee noch vor der Front der Deutschen,aber diese hatten das richtige Gefühl, daß es zu keinem Angriff mehrkommen werde. Sie sahen den Feind mit Schanzarbeiten beschäftigt. Tat-sächlich erfolgte auch kein ernsthafter Zusammenstoß mehr. An eine Gegen-offensive konnten die Deutschen der ganzen Lage nach nicht denken.
Am 19. Januar war der Abzug in vollem Gange. Bourbaki hatteder Regierung zwei Tage vorher gemeldet, daß er sich weiter rückwärtsaufstellen wolle. Doch dachte er wohl kaum im Ernste daran; denn erwußte bereits, daß die Spitzen der Manteuffelschen Korps in der Nähevon Gray im Anmärsche erschienen seien.
Zum kurzen Stillstande kam die Ostarmee erst am 22. Januar bei