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2 (1914) Im Zeitalter Kaiser Wilhelms des Siegreichen
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IX. Das Deutsche Reich und seine Wehrmacht

Deutschland war inzwischen auch in den großen Wettbewerb der NationenMseiLs.des Meeres eingetreten. Sein starkes heimisches Heer bildete denRückhalt für diese erweiterte geschichtliche Rolle. Unmittelbar damit aberhing auch die Vermehrung seiner Seemacht zusammen. Ihre Erstarkungist zur wichtigsten Regierungstat Kaiser Wilhelms II. geworden. Bei seinerThronbesteigung war die Überzeugung von der Notwendigkeit dieser Ent-wickelung durchaus nicht allgemein verbreitet. Eine Großmachtslotte galtvielen noch als eine Art Luxus in unserer Rüstung, da unsere Kriegeja durch die Landarmeen entschieden werden müßten. Sie sollten wiedergewinnen, was etwa zur See verloren gegangen sein konnte. Des Kaisersgeflügeltes Wort:Bitter not tut uns eine starke Flotte" weckte die Geister.Sein persönliches Eingreifen tat dann gerade in dieser Frage das beste.Zu Beginn seiner Regierung bestand die Kriegsmarine aus 13 Panzer-schiffen, 14 Panzerfahrzeugen, 8 Kreuzerfregatten, 10 Kreuzerkorvetten,5 Kreuzern, 5 Kanonenbooten und den notwendigen Hilfsdiensten. DieBemannung zählte 534 Seeoffiziere, 15480 Mannschaften. Das erschienuns damals ganz stattlich, und dennoch war es nur eine Küsten -, keineHochseemarine, wie sie dem Kaiser vorschwebte. Sein erstes war dieinnere Ordnung durch Trennung der Verwaltung und des Kommandos,das er später selbst übernahm. Dann begann der Kampf um die Ver-mehrung im deutschen Reichstage, der es nicht begreifen wollte, warumneben dem starken Heere auch noch eine starke Flotte nötig sei. Nur daseine brauche Deutschland , so hieß es. Beides zugleich könne es nichthaben, dies werde das Land ruinieren. Das Schlagwort von den ufer-losen Flottenplänen wurde gefunden und tat feine unheilvolle Wirkung.Trotzdem scheint uns heute schon viel zu eng bemessen, was damals ge-fordert worden ist.

Unverhüllt verkündete die deutsche Thronrede von 1897, daß die Ent-wickelung der Kriegsflotte nicht den Aufgaben entspreche, welche Deutsch-land an seine Wehrkraft zur See zu stellen gezwungen sei.Sie genügtnicht, bei kriegerischen Verwickelungen die heimischen Häfen und Küstengegen eine Blockade sicher zu stellen. Sie hat auch nicht Schritt gehaltenmit dem lebhaften Wachstum unserer überseeischen Interessen. Währendder deutsche Handel an dem Güteraustausch der Welt in steigendem Maßeteilnimmt, reicht die Zahl unserer Kriegsschiffe nicht hin, unseren im Aus-lande tätigen Landsleuten das der Stellung Deutschlands entsprechendeMaß von Schutz und hiermit den Rückhalt zu bieten, den nur die Ent-faltung von Macht zu gewähren vermag."

Einen lebhaften Anstoß gab um dieselbe Zeit die Besitzergreifung von