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2 (1914) Im Zeitalter Kaiser Wilhelms des Siegreichen
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IX. Das Deutsche Reich und seine Wehrmacht

Regierung der herrschenden Mandschudynastie, geleitet durch die Kaiserin-Witwe, unterstützte die Bewegung insgeheim und verlor allmählich dieHerrschaft über sie. Am meisten tat sich der weitverbreitete Boxerbundhervor, der so bedrohlich auftrat, daß die Vertreter der fremden Mächteim Jahre 1900 seine Unterdrückung forderten. Blutige Christenverfolgungenim April und Mai jenes Jahres bewiesen, wie notwendig der Schrittgewesen war. Die Gefahr wurde indessen noch unterschätzt; die Gesandtenbegnügten sich damit, von der auf der Rede von Ta-ku an der Mündungdes Pei-Ho liegenden Schiffen eine Gesandtschaftswache von 400 Mannnach Peking heranzuziehen. Es befanden sich dabei 50 Mann vom 3. See-bataillon unter Oberleutnant Graf v. Soden. Bald darauf war die Ver-bindung mit dem Meere und der am Pei-Ho unterhalb gelegenen Groß-stadt Tien-tsin von den Aufrührern unterbrochen. Am 11. Juni wurdeder Kanzler der Japanischen Botschaft und am 20. der deutsche GesandteFreiherr v. Ketteler von fanatischem Hauptstadtgesindel ermordet. Einernstes Einschreiten war nunmehr unabweisbar. Die Vorbereitungen be-gannen in der Heimat. Es hatte indessen noch ein Vorspiel in China selbst.

Der englische Admiral Seymour setzte sich als rangältester Offizier dervor Taku liegenden Kriegsschiffe zur Rettung der bedrohten Diplomatenmit einer aus den Schiffsbesatzungen zusammengestellten Abteilung vonetwas über 2000 Mann darunter S09 Deutsche von Tien-tsin ausin Bewegung und erreichte noch mit Hilfe der Eisenbahn am 16. JuniLang-fang und Lo-fa. Von dort ab wurde die Bahnfahrt unmöglich,gleichzeitig aber auch nach rückwärts hin die Verbindung mit Tien-tsinunterbrochen, wo 800 Matrosen im Fremdenviertel zurückgeblieben waren.Der Versuch, weiter auf dem Landwege vorzudringen, mußte aufgegebenwerden, als die Anwesenheit starker regulärer chinesischer Truppen vorder Front festgestellt wurde. Um der Einschließung zu entgehen, ent-schied sich Admiral Seymour für den Rückzug und führte schon unter Ge-fechten und großen Anstrengungen seine Truppen am 22. auf das linkePei-Ho-Ufer. Beim Weitermarsch mußte bereits das feste Arsenal Hsi-konerstürmt werden, wobei die deutsche Abteilung Gelegenheit fand, sich aus-zuzeichnen. Um die in Hsi-kou vorgefundenen Kriegsmittel auszunutzenund auch weil er den Weitermarsch schon für zu gefährdet hielt, blieb derAdmiral dort stehen.

Inzwischen war an der Pei-Homündung die Notwendigkeit erkannt wor-den, die den Eingang zum Fluß sperrenden Ta-kuforts zu nehmen. Nachkräftiger Beschießung durch die fremden Kriegsschiffe, unter denen sich dasdeutsche KanonenbootIltis", Kapitän Lans , befand, war am 17. Juni