Die große Heeresvermehrung von 1913
621
Vermehrung, im Jahre 1913 den entscheidenden Schritt getan und diegrößte Vermehrung der deutschen Streitkräfte durchgeführt, die in unsererHeeresverfassung bis jetzt vorgekommen ist. Die Militärvorlage vom27. März 1913 brachte eine Erhöhung der Friedensstärke um nichtweniger denn 4000 Offizieren, IS000 Unteroffizieren, 117 000 Mann und27 000 Dienstpferden, die ohne Anstand durchgeführt werden kann. „Eswar eine gewaltige Vorlage von einem noch nicht dagewesenen Umfange,darauf berechnet, mit einem Wurf die mancherlei durch finanzielle Rück-sichten bedingten Versäumnisse der letzten Jahre gut zu machen." Dasdeutsche Heer hat nunmehr eine Friedensstärke von 30 985 Offizieren,108535 Unteroffizieren und 661176 Gemeinen nebst 15000 Einjährig-Freiwilligen und 160350 Dienstpferden erreicht. Im Kriege wird Deutsch-land nach voller Durchführung des neuen Gesetzes nicht weniger als6000 000 ausgebildete Soldaten ins Feld stellen können. Das sind zwischen9 und 10°/g der Volkszahl, die Krönung der ganzen Entwickelung unseresHeerwesens aus den letzten 100 Jahren. Wir stehen wieder auf der Höheder Zeit.
Auch in die Entwickelung unserer Kriegsflotte kam eine veränderteRichtung durch den Bau der modernen Riesen-Panzerschiffe, der Dread-noughts. England hatte damit begonnen und eine neue Grundlage fürseine Seemacht geschaffen, auf der es hoffte, den andern Nationen amschnellsten vorauszueilen, weil es die reichsten Mittel besitzt. Nun hatauch Deutschland die gleiche Richtung einschlagen müssen. Ein drittesFlottengesetz bringt unsere Seestreitkräfte nach seiner Durchführung auf41 Schlachtschiffe, 20 Schlachtkreuzer, 40 kleine Kreuzer, zahlreicheTorpedo- und Unterseeboote mit rund 100 000 Mann Besatzung, eineStärke, von der wir uns noch vor wenig Jahrzehnten nichts habenträumen lassen.
Aber Deutschlands Wirkungskreis gegen jene Zeit ist auch unendlicherweitert. Wir sind bei der Teilung der Erde spät gekommen, und winzigerscheint unser Kolonialbesitz im Vergleich zu dem britischen. Aber immer-hin ist er fünfmal so groß, wie das Mutterland und entwickelungsfähig.Er zählt heute 10^ Millionen Einwohner. Die zerstreute Lage derdeutschen Kolonien erinnert an die auf dem Wiener Kongreß von unserenWidersachern und Neidern durchgesetzte Trennung des preußischen Gebiets.Sie hat am Ende segensreich gewirkt; denn sie ließ Preußen nicht ruhen,legte ihm das Streben nach Vereinigung in die Seele und hielt die An-spannung seiner Kräfte rege. So kann es auch hier geschehen. Die Zer-stückelung unseres Kolonialbesitzes wird uns ein Antrieb sein, die einzelnen