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2 (1914) Im Zeitalter Kaiser Wilhelms des Siegreichen
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622 X- Schlußbetrachtung

Teile so stark zu machen, als es möglich ist, damit sie sich selbst behauptenkönnen. Sie bieten auch einige vorteilhafte Siedlungsländereien für unserenBevölkerungsüberschuß dar. Deutsche Landwirte können sich dort be-thätigen und zu selbständigeren, tatkräftigeren Männern entwickeln, alsdaheim in eng gedrängten Fabrikbezirken. Wohltuend wirkt auf uns derAnblick der wettergebräunten Gestalten, die aus den Kolonien heimkehren.Wir hoffen, daß sie uns dereinst ein frisches Germanengeschlecht bescherenwerden, reich an Arbeit, Segen und Nachwuchs.

Unser Handel hat in allen Teilen der Welt eine achtunggebietendeStellung erworben; unsere Industrie kann es mit jeder andern aufnehmen.Deutschland hat einen materiellen Aufschwung erlebt, wie er in der Ge-schichte aller Völker in so kurzer Zeit kaum jemals dagewesen ist. UnsereBevölkerung wuchs seit 1870 von 45 auf Millionen Menschen, undsie wächst weiter, wenn auch die Zahl der Geburten leider abnimmt.Deutschlands Nationalvermögen steigt ins Unermeßliche. Es betrug schon imJahre 1908 an 320 Milliarden. Die Einlagen in seinen Sparkassen, aus-schließlich das Eigentum der kleinen Leute, stiegen von 2 auf 15 Milliarden,der beste Beweis gegen die närrische Behauptung von der Verelendung derMassen. Wir haben ein Recht, uns dieser Güter zu freuen, aber dauerndeAnstrengung ist notwendig, sie zu schützen.Wir haben an Achtungüberall, an Liebe nirgends gewonnen." Wir stehen nicht nur der GötterNeide, sondern auch dem Neide und der heimlichen Feindschaft andererstarker Völker gegenüber. Die Gefahren unserer Lage inmitten Europas ,mit offenen Grenzen zwischen Romanen und Slawen, liegen klar zutage,und der Angriff wird kommen, in dem Augenblick, wo wir schwach sind,oder unsere Feinde uns schwach wähnen.

Es kann der Frömmste nicht im Frieden bleiben,wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt!"

Wenn die Kriegsgeschichte des 19. Jahrhunderts uns eine Lehre gibt,so ist es die:Seid stark und wachsam; dann wird man gerecht gegeneuch sein und eueren Frieden nicht stören!"

Ja, wir bedauern es nicht einmal, daß dem so ist; denn in der Gefahrliegt ein Segen; sie erhält tüchtig und hindert ein Versinken in Schwäche.Wenn einer unserer größten Denker und glühendsten Patrioten, Karlv. Clausewitz, in seinem Bekenntnis von 1812 niederlegt:Des Kriegesbedarf mein Vaterland", so meint er nichts anderes damit, als daß imBewußtsein seiner Notwendigkeit ein Element der Gesundheit für unserVolksleben liegt. Nichts anderes hat Moltke mit seinem bekannten Aus-