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Was sind und was sollen die Zahlen? / Richard Dedekind
Entstehung
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berufen, und so kommt es, daß nmnche, eigentlich sehr zusammen-gesetzte Begriffe (wie z. B. der der Anzahl von Dingen) fälschlich füreinfach gelten. In diesem Sinne, den ich durch die, einem bekanntenSpruche nachgebildeten Worte «ei, o «vH-pazno? «ytS^r^kl be-zeichne, mögen die folgenden Blätter als ein Versuch, die Wissenschaftder Zahlen auf einheitlicher Grundlage zu errichten, wohlwollendeAufnahme finden, und mögen sie andere Mathematiker dazu anregen,die langen Reihen oon Schlüssen auf ein bescheideneres, angenehmeresMaß zurückzuführen.

Dem Zwecke dieser Schrift gemäß beschränke ich mich auf dieBetrachtung der Reihe der sogenannten natürlichen Zahlen. In welcherArt später die schrittweise Erweiterung des Zahlbegriffes, die Schöpfungder Null, der negativen, gebrochenen, irrationalen und complerenZahlen stets durch Zurückführung auf die früheren Begriffe herzu-stellen ist, und zwar ohne jede Einmischung fremdartiger Vorstellungen(wie z. B. der der meßbaren Größen), die nach meiner Auffassungerst durch die Zahlen-Wisfenschaft zu vollständiger Klarheit erhobenwerden können, das habe ich wenigstens an dem Beispiele der irratio-nalen Zahlen in meiner früheren Schrift über die Stetigkeit (1872)gezeigt; in ganz ähnlicher Weise lassen sich, wie ich daselbst (K. ?>) anchschon ansgesprochen habe, die anderen Erweiterungen leicht behandeln,und ich behalte mir vor, diesem Gegenstände eine zusammenhängendeDarstellung zu widmen. Gerade bei dieser Ausfassung erscheint cSals etwas Selbstverständliches und durchaus nicht Neues, daß jeder,auch noch so fern liegende Satz der Algebra und höheren Analysissich als ein Satz über die natürlichen Zahlen aussprechen läßt, eineBehauptnng, die ich auch wiederholt aus dem Munde von Dirichlet gehört habe. Aber ich erblicke keineswegs etwas Verdienstliches darin und das lag auch Dirichlet gänzlich fern, diese mühselige Um-schreibung wirklich vornehmen und keine anderen, als die natürlichenZahlen benutzen und anerkennen zu wollen. Im Gegentheil, diegrößten und fruchtbarsten Fortschritte in der Mathematik nnd anderenWissenschaften sind vorzugsweise durch die Schöpfung und Einführungneuer Begriffe gemacht, nachdem die hänfige Wiederkehr zusammen-