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Was sind und was sollen die Zahlen? / Richard Dedekind
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Z. 5.

Das Endliche und Unendliche.

64. Erklärung*). Ein System K heißt unendlich, wenncs einem echten Theile seiner selbst ähnlich ist (32); im entgegen-gesetzten Falle heißt K ein endliches System.

65. Satz. Jedes aus einem einzigen Elemente bestehendeSystem ist endlich.

Beweis. Denn ein solches System besitzt gar keinen echtenTheil (2, 6).

66. Satz. Es giebt unendliche Systeme.

Beweis'^). Meine Gedankenwelt, d. h. die Gesammtheit Aaller Dinge, welche Gegenstand meines Denkens sein können, istunendlich. Denn wenn s ein Element von K bedeutet, so ist derGedanke s', daß s Gegenstand meines Denkens sein kann, selbst einElement von Sicht man dasselbe als Bild P (s) des Elementess an, so hat daher die hierdurch bestimmte Abbildung <zp von K dieEigenschaft, daß das Bild 6' Theil von S ist; nnd zwar ist 6'echter Theil von weil es in L Elemente giebt (z. B. meineigenes Ich), welche von jedem solchen Gedanken s' verschieden unddeshalb nicht in enthalten sind. Endlich leuchtet ein, daß, wenn

Will nian den Begriff ähnlicher Systeme (32) nicht benutzen, so mußman sagen: heißt unendlich, wenn es einen echten Theil von K giebt (6),in welchem S sich deutlich (ähnlich) abbilde» läßt (26, 36). In dieser Formhabe ich die Definition des Unendlichen, welche den Kern meiner ganzenUutcrsuchnng bildet, im September 1832 Herrn G. Cantor , und schonmehrere Jahre seither auch den Herren Schwarz und Weber mitgetheilt.Alle anderen mir bekannten Versuche, das Unendliche vom Endlichen zu unter-scheiden, scheinen mir so wenig gelungen zu sein, daß ich aus eine Kritik der-selben verzichten zu dürfen glaube.

**) Eine ähnliche Betrachtung findet sich in Z, 13 der Paradoxicn desUnendlichen von Bolzano (Leipzig , 1351).

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