— 99 —
Der Arbeitgeber kann nicht mehr ausgeben als er einnimmt, nnd wirhaben früher schon nachgewiesen, wie sehr abhängig er von derKonkurrenz und Konjunktur ist. Der Ausbruch des Streiks, oderdie bloße Drohung mit demselben, ändert au dieser Sachlage nichtszu Guusten der Arbeiter, verwandelt dagegen naturgemäß die Arbeit-geber, deren guter Wille doch in diesem Prozeß eine große Rollespielt, in Gegner, und zwar iu Geguer, die auf die Dauer die stärkerensind und stets bleiben werden. Wer den Arbeitern etwas anderesvorschwindelt, belügt sie. Jedem Schaden, den die Streiks demArbeitgeber zufügen, entspricht mit mathematischer Gewißheit ein nochweit größerer Schaden der Streikenden. Es ist keine Redensart,sonderu Thatsache , daß der Streik ein zweischneidiges Schwert ist;und mit zweischneidigen Schwerte » kämpft kein vernünftiger Mensch.Der Streik kann in einein gegebenen Augenblick, unter dem Zu-sammentreffen bestimmter, den Arbeitgeber zwingenden Umstände, zueinem augenblicklichen Erfolg führen; allein er macht dadurch dieArbeitgeber für die Zukunft uicht gefügiger, sondern er weist sie imGegentheil ans verstärkte und organisirte Abwehr gegen solche Zu-muthungcn hiu. Eiue über die dauernde Leistungsmöglichkeithinaus erzwungene Lohnerhöhung, muß nothwendig zu einem Rück-schlag in der entgegengesetzten Richtung führen. Niemand kann dieArbeitgeber zwingen mit Schaden weiter zu arbeiten; die Freiheit,die Arbeit ganz einzustellen und die Arbeiter zu eutlasseu bildet dasnaturgemäße Gegengewicht gegen übertriebene Lohnforderungen, undan dieser Klippe müssen alle Streikorganisatiouen schließlich scheitern.Nur friedliche, vernünftig geleitete Koalitionen derArbeiter könnenden Arbeitgeber auf die Dauer beeinflussen und ihn bestimmen, in denLohnerhöhungen soviel weiter vorzugehen, als eS ihm die Konkurrenzgestattet oder Betriebsfortschritte ermöglichen. In letzterer Beziehunghabcu eS die Arbeiter sogar selbst in der Hand, durch erhöhte, inten-sivere Arbeitsleistung (wie sie z. B. iu den Vereinigten Staaten dendortigen hohen Löhnen gegenübersteht) auf die Möglichkeit der Lohn-erhöhungen einzuwirken. Die Erfolge werden dann nicht sprung-weise, aber nachhaltig hervortreten, und selbst wenn die Lohnerhöhungenim eiuzelnen Fall hinter den Erwartungen zurückbleiben, so sind sie
7*