Ueber Arbeiter-Koalitionen.
Es wird kaum in Abrede zu stellen seiu, daß das Wort„Arbeiter-Koalition" gegenwärtig noch den meisten Arbeitgebern höchstunsympathisch, vielen geradezu verhaßt ist. Uud wenn man ins Augesaßt, was die mächtigste aller Arbeiter-Koalitionen, die Sozial-demokratie sür Unheil auf ethischem wie wirthschaftlichem Gebiet an-gerichtet, wie sie dem Arbeitgeber das Leben verbittert hat; wennman ferner die AuSschreitnngen so vieler Arbeitcrverbindungen, dieorganisirten Arbeitseinstellungen und endlich die feindselige Haltungauch vieler solcher Gewerk- und Fachvereine in Rechnung stellt, diedoch den Boden der bestehenden gesellschaftlichen Ordnung noch nichtverlassen haben, so kann mau es dem Arbeitgeber, und selbstdem wohlwollendsten, nicht verdenken, wenn sein aufgeregtes Ge-fühl eine ruhige objective Prüfung der Frage: „ob und wieweitdie Arbeiter-Koalitionen berechtigt und nützlich sind", schwer auf-kommen läßt.
Und doch ist es absolut erforderlich in diese Prüfung einzu-treten. Wer einen dauernden Frieden will, muß vor Allemdie berechtigten Ansprüche des Gegners anerkennen. DerDrang nach Verstärkung der Einzelkraft durch die Verewigung, derKoalitionsdrang, spielt in der kulturellen wie wirthschaftlichen Ent-wickelung unseres Jahrhunderts eine so hervorragende Rolle, ist soin alle Stände und alle Schichten der Gesellschaft eingedrungen,
gewählten Arbeitervertreter eine Majorität von zwei Drittheilen rcprä-sentireu, also in der Verwaltung vollkommen so einflußreich sind, wie dieVorstände der freien Hülfskassen. Endlich besteht durchaus kein gesetzlichesHinderniß in deu Statuten der gesetzlichen Krankenkassen, die Wahl desÄrzteS freizugeben. Alle übrigen gerügten Mängel führen sich aber aufdie auch von nns dargelegte Unmöglichkeit znrück, mit gesetzlichen Bestim-mungen alle einzelnen Nothfälle treffen zu können und deßhalb geradeempfehlen wir die ergäuzenden Hülfskassen. Aendern die freien Hülfs-kassen ihre Statuten nicht freiwillig in dieser Richtung um, so wird sichsicherlich die Zahl ihrer Mitglieder fortdauernd vermindern.