Die Arbeiter-Wohnungsfrage.
ES giebt auf dem sozialen Gebiet wenig Fragen, welche gegen-wärtig die Aufmerksamkeit der Menschenfreunde im Allgemeiuen undder Arbeitgeber im Besoudereu in so steigendem Maße in Anspruchnehmen, als die Arbeiterwohuuugsfrage, keine Frage aber auch, derenLösuug größere materielle Schwierigkeiten bietet uud die sich derschablouenmäßigeu Behandlung entschiedener entzieht. Eine um-fassende Erörterung derselben ist im Rahmen einer kurzen Abhand-lung unmöglich; wir beabsichtigeu daher nur einige leitende Gesichts-punkte zur Besprechung zu ziehen.
Wie bei allen Arbeiterfragen, so bringt es auch iu der WohuungS-srage sowohl das menschliche als das geschäftliche Interesse mit sich,daß demjenigen, welcher die Arbeiter beschäftigt und hieraus Nutzenzieht, also dem Arbeitgeber, die Hauptaufgaben, und insbesonderedie damit verbundenen materiellen Leistungen, in erster Linie zufallen.Diese gestalten sich aber in sast jeder einzelnen Unternehmung ver-schieden, nnd fallen bald ius Gebiet der geschäftlichen Nothwendigkeiten,bald in daS der Wohlfahrtseinrichtuugeu. Für größere Fabrikaulagen,deren örtliche Umgebung keine genügende Unterkunft für die Arbeiter-schaft bietet, ist der Bau von Arbeiterwohnnngen ein unumgäuglicheSBedürfniß, ein Posten des Anlagekapitals und kein humanitäresOpfer. Allerdings kann der Arbeitgeber auch auf dieser rein geschäft-lichen Basis — wie vielfach geschieht, vielfach allerdings verabsäumtwird — seine Menschenfreundlichkeit vortrefflich bewähren. Zunächstindem er keine Arbeiterkaseruen (diese empfehlen sich uur iu Unter-nehmungen, wie z. B. Zuckerfabriken, die jährlich für wenige MonatedeS ZuzugS fremder Arbeiter bedürfen), sondern gesuude, freundlicheund bequeme Eiuzelwohuungen oder Doppelhäuser, mit Gartenum-gebuug, baut uud iu gutem Zustande erhält, in denen der Arbeiterund seine Familie sich wohl fühlen, verbunden mit Einrichtungen zuallgemeiner Benutzung für Zwecke deS Haushalts, der Gesundheitund Unterhaltung. Ferner indem er die Miethen so niedrig ansetzt,daß sie höchstens eine mäßige Verzinsung und die Kostcu der Unter-haltung abwerfen. Endlich indem er bei Entwerfung und Hand-