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Soziale Tagesfragen / von Wilhelm Oechelhaeuser
Entstehung
Seite
46
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schaft fortdauert. Der Arbeitgeber hat es aber mit den Einzelpersön-lichkeiten sozialdemokratischen Glaubensbekenntnisses zu thun; sie füreine richtigere Würdigung der bestehenden Gesellschaftsordnung em-pfänglich zu machen, ist feine Aufgabe, die heute jedeufalls aussichts-reicher erscheint, als vor zehn Jahren.

Für Erfüllung dieser Aufgabe ist die Taktik vielleicht vonnoch größerer Wichtigkeit als der Inhalt der Maßregeln. DerArbeitgeber muß zunächst alles Auffällige, Außergewöhnliche, auf eineAuSsouderuug und direkte Bekämpfung oder Bekehrung des sozial-demokratischen Theils seiner Arbeiter bezügliche vermeiden. Er mußiu erster Linie jede.n Unterschied, wie des religiösen undpolitischeu, so auch des sozialen Glaubensbekenntnissesfeiner Arbeiter, vollständig ignoriren. Daß er keine Hetzerund Stänker unter feinen Arbeitern duldet solche gab eS auchschvu, ehe man etwas von Sozialdemokraten wnßte, ist eine Sachefür sich. Allein dem Arbeiter, der seine Schuldigkeit thut, darf nie-mals gegründete Veranlassung zu dem Glauben gegeben werden, daßman ihn bloß seiner Ansichten und Meinungen halber gegen andere,die in gleichem Grade ihre Schuldigkeit thuu, bevorzugt oder zurück-setzt, sei eS in der persönlichen Begegnuug, sei es in der Lohnhöhe,in der Annahme und Entlassung des Arbeiters oder in sonstigenBeziehungen. Der Arbeitgeber muß sich in dieser Beziehung, selbstwenn es ihm Ueberwindung kosten sollte, jedes Vorurtheils ent-schlagen und absolute Gerechtigkeit üben. Es wird ihm dies uni soleichter werden, je mehr sich ihm die Beobachtung aufdrängen muß,daß diejenigen Arbeiter, welche für Sozialdemokraten ihre Wahlstimmenabgeben, vielleicht auch in sozialdemokratischen Versammlungen tüchtigmitulken und schreien, oder ihr rothes Glaubensbekenntniß, ohne vieldabei zu denken, wie den Wecker an der Uhr, herunterschnurren lassen,daß diese Arbeiter keineswegs einen im Betragen und in denLeistungen erkeuubar schlechteren oder unfähigeren Theil seiner Arbeiter-schaft bilden. Wie häufig findet es sich, daß gerade die ausgezeich-netsten Arbeiter, die Anlage und Trieb zum Denken und Forschenhaben, zum sozialdemokratischen Glaubensbekenntniß schwören. Ge-wiß bilden die Sozialdemokraten in der Regel den mißvergnügtestenTheil der Arbeiterschaft; das hat der Einfluß ihrer Führer allerdings