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Soziale Tagesfragen / von Wilhelm Oechelhaeuser
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zu Wege gebracht. Allein sie übertragen deswegen den von Letzterengepredigten Haß gegen Kapital und Gesellschaft noch lauge nichtohne Weiteres ans die Person deS einzelnen Arbeitgebers. Sind sieauch mißtrauischer, zurückhaltender, so bleiben sie doch auf die Dauerkeineswegs unempfindlich und verschlossen gegen Wohlwollen undGerechtigkeit. An diese von ihren Verführern noch nicht vertilgtenKeime des rein Menschlichen, mnß die Bemühung zu ihrer Besserungund Belehrnng ansetzen, aber unauffällig, unmerklich, nicht ans densozialdemokratischen Theil allein, sondern ans die ganze Arbeiter-schaften berechnet. Dies gilt insbesondere auch von der Einwirkung dnrchdie Presse; die von Arbeitgebern unterstützten Arbeiterblätter müssenfür a l l e Arbeiter Belehrung und Unterhaltung bringen; raisonni-rende Artikel gegen die Sozialdemokratie allein verfehlen ihren Zweckvollständig.

Die Stärkung der Anhänglichkeit und des Vertrauens zumArbeitgeber entzieht vorzugsweise der Sozialdemokratie ihren Bodenim ArbeitSvcrhältniß. Die Opferwilligkeit des Arbeitgebers, seineoder seiner Stellvertreter persönliche Theilnahme an den Schicksalender Arbeiter und ihrer Familien, Einrichtungen der verschiedenstenArt sür ihr materielles Wohl und ihre Fortbildung, für Invaliden-,Wittwen- und Waisenversorgnng und was sonst in das Gebiet derHumanitären Fürsorge fällt, alles dies wird schließlich auch beimsozialdemokratischen Arbeiter, wenn auch vielleicht zögernder undzurückhaltender, Anerkennung finden. Den Ausschlag aber giebt stetsdas Verhalten des Arbeitgebers, in allen über das Arbeitsverhältniß,in welchem unbedingte Disziplin herrschen muß, hinaus-gehenden Beziehungen vom Menschen zum Meuschen. Der Arbeit-geber vergiebt sich nichts, wenn er ArbeiterauSschüsse oder Aeltesten-Collegien bildet und die Arbeitervertreter bei Fabrikordnungen, Nn-fallverhütuugsvorschriften, Fragen des Arbeiterschutzes, der Arbeits-zeit, der Ueberstunden u. dergl. zu Rathe zieht, wenn er sie an derVerwaltung aller zu Gunsten der Arbeiter getroffenen, und an derBerathung für die noch zu treffeudeu Einrichtungen (Hülfskassen,Konsumvereine, Sparkassen, Speiseanstalten, Kleinkinder- oder Fort-bildungsschulen u. s. w.) nicht bloß Theil nehmen läßt, sondern ihnendabei volle Selbstbestimmung, oder doch überwiegenden Einfluß ein-