räumt. Die Fälle, daß sozialdcmokratischc Arbeiter dieses Vertrauenmißbrauchen, werden sich als Ausnahmen erweisen; nur brauchennur auf die durchweg friedlichen Verhandlungen in den Kranken-und Hülfskassenvorständen hinzuweisen, in denen doch so viele Sozial-demokraten sitzen. Wichtiger aber noch als alles dieses, und insbe-sondere vom größten Einfluß auf die Stimmung der sozial-demokratischen Arbeiter, ist die Achtung ihrer menschlichenund staatsbürgerlichen Selbständigkeit. Die frühere häufigbis zur Stumpfheit gehende Fügung des Arbeiters in eine absolute,weit über das ArbeitSverhältniß hinausgehende Abhängigkeit vomArbeitgeber, die patriarchalische Periode, hat zur Zeit einer vielleichtübergroßeu Empfindlichkeit in entgegengesetzter Richtung Platz ge-macht, wie es deun überhaupt eiue interessante psychologische Er-scheinung der Zeit ist, daß die oberen Gesellschaftsklassen, z. B. Beamteund Offiziere, sich weit leichter als die unteren in Abhängigkeitsver-hältnisse zu fügen wissen, die noch weit über die des Arbeiters zumArbeitgeber hinausgehen.
Zweierlei insbesondere soll der Arbeitgeber nichtantasten: die Koalitions- und die Wahlfreiheit des Ar-beiters. Ueber das unveräußerliche Koalitionsrecht des Arbeitershaben wir uus bereits bei einem früheren Aufsatz so ausführlich aus-gesprochen, daß wir hier uicht speziell darauf zurückzukommen brauchen.Der Arbeitgeber kann keinen besseren Weg einschlagen, um feindseligeKoalitionen zn verhüten oder lahm zu legen, als indem er selbstdieser Bewegung ein friedliches Bett grübt, und in den Aeltesten-Kollegien, den Vorständen der Hülsskassen, der Wohlfahrtsein-richtnngen u. s. w. Raum nnd Stoss für eine ersprießliche gemein-same Thätigkeit bietet. Allerdings wird dies für die Zukunft nichtverhüten, daß die Arbeiter, uud nicht bloß die sozialdemokratischen,auch Wünsche äußern, die dem Arbeitgeber unbequem sind, in derenErörterung er lieber uicht eintreten möchte. Allein solche Forderungenund Wünsche, z. B. über Lohnfragen, Arbeitszeit u. s. w., werdensich, selbst in aufgeregten Zeiten (und daß solche immer wiederkehrenvergesse man nicht), in ganz anderen Formen bewegen, wenn bereitsOrgane für deren Geltendmachung vorhanden sind, die eine Geschichtefriedlichen und wohlthätigen Zusammeuwirkeus hinter sich haben.