Druckschrift 
Soziale Tagesfragen / von Wilhelm Oechelhaeuser
Entstehung
Seite
49
Einzelbild herunterladen
 

Die Wünsche werden nicht so stürmisch, die Forderungen nicht soschroff hervortreten und es dem Arbeitgeber ermöglichen, ohne seinerAutorität das Mindeste zu vergeben, hier je nach dem Grade derBerechtiguug und Möglichkeit nachzugeben, dort in Ruhe die Gründezu entwickeln, weshalb und wie weit das Nachgeben unmöglich sei.Die Arbeiter sind, selbst in aufgeregten Zeiten, selten hierfür un-empfänglich, und eine im persöulicheu Verkehr mit Grüudeu belegteZurückweisung ihrer Ansprüche kann niemals eine Erbitterung erzeugen,wie eine Ablehnung durch schroffe, umnotivirte Ukase. Damit solljedoch einer schwächlichen oder furchtsamen Nachgiebigkeitkeineswegs das Wort geredet werden. Sobald eine Arbeiter-koalition sich zn Drohungen versteigt, oder gar Arbeitseinstellungenthatsächlich ins Werk setzt, tritt der Kriegszustand ein, welcher denArbeitgeber berechtigt, jedes Mittel zur Sicherstellung bedrohterPersoneu und Interessen zu ergreifen. Er möge sich nur mit großerVorsicht hüteu, durch sein Auftreten oder seine Maßregeln Anlaßoder selbst nur Vorwaud, zum Beginn solcher Exzesse zu geben.

Wenn der Arbeitgeber aber, bis zu den hier gezogenen Grenzendes Kriegszustaudes, das Vereiuigungsrecht der Arbeiter achten soll,so befürworten wir dies in noch viel weiter gehendem Maße bezüglichder Wahlfreiheit der Arbeiter. Wie der Arbeitgeber als Staats-bürger uud Anhänger irgend einer politischeu oder religiösem Parteian der Wahlagitation Theil nimmt und zu Gunsten seiner Ansichtenauf die Wähler, darunter auch die Arbeiter, im Allgemeinen ein-zuwirken sucht, das steht hier gar nicht in Frage, uud Niemand wirddaran denken, ihn aus Rücksicht auf abweichende Ansichten seinerArbeiter zn politischer Unthätigkeit verurtheilen zu wolleu. Eshandelt sich hier nur darum, daß er keine spezielle Propaganda beiseinen Arbeitern zu machen sucht, daß er ihnen absolute Wahl-freiheit läßt. ZDer Mißbrauch der Beeinflussung des Schwachendurch den Mächtigeren wird bei den Wahlen niemals aufhören;allein die Arbeitgeber sollten die ersten sein, welche diesem Mißbrauchvollständig entsagen. Schon aus Klugheit sollten sie es thunindem ein etwaiger Erfolg ihrer Beeinflussung, insbesondere beimallgemeinen, geheimen Stimmrecht, gar nicht im Verhältniß stehenkann zu der Gefährdung ihres Ansehens und ihrer Beliebtheit bei